Künstler*in | Maximum Balloon | |
Album | Maximum Balloon | |
Label | V2 | |
Erscheinungsjahr | 2010 | |
Bewertung |
Ganz genau 1.660.000 Treffer erzielt man, wenn man heute den Begriff „Modern Rock“ googlet. Davon muss man zwar die 2450 Seiten abziehen, in denen zusätzlich zu „Modern Rock“ auch der Begriff „Oxymoron“ vorkommt, die also wahrscheinlich bezweifeln, dass es im Reich von GitarreSchlagzeugBass eine Entwicklung gegeben hat/Evolution zwangsläufig ist/Fortschritt erlaubt sein darf.
Es bleiben aber immer noch reichlich anderthalb Millionen Einträge übrig. Und eigentlich würde es genügen, wenn man auf all diese Seiten nur neun Zeichen setzt: D-A-V-E-S-I-T-E-K. Der Mann ist als Teil von TV On The Radio nicht nur in selten erreichte Sound-Dimensionen vorgestoßen. Dave Sitek hat als Produzent, unter anderem für die Yeah Yeah Yeahs, Liars oder Scarlett Johansson, auch die aktuellste Ausprägung von Rockmusik definiert wie kaum jemand sonst.
Nun legt Dave Sitek so etwas ähnliches wie ein Soloalbum vor. Unter dem Namen Maximum Balloon zehn Songs versammelt, eingesungen von „his favourite voices in the world“.
Das Erstaunlichste daran ist, wie viel „modern“ und wie wenig „Rock“ das Album ist. Es gibt elaborierte Beats, viel Elektronik, allenfalls verwirrte Gitarren. Er habe schon immer eine Vorliebe für Dancemusik gehabt, und Maximum Balloon sei für ihn die perfekte Möglichkeiten, all diese Ideen endlich herauszulassen, sagt Dave Sitek.
Das Ergebnis pendelt sich irgendwo zwischen Bloc Party und Klaxons ein. Zum Beginn klingt Groove Me (zusammen mit Theophilius London) enorm nach Gnarls Barkley, es folgen surreale Eighties-Wachträume, schlau-sanfte Elektroklänge à la Hot Chip und einiges, das wie James Brown als Cyborg klingt. Die größten Gaststars sorgen auch für die spektakulärsten Ergebnisse: Karen O von den Yeah Yeah Yeahs haucht der Communion jede Menge Sex und Bedrohlichkeit ein. Und Talking-Heads-Gott David Byrne verleiht dem ungeduldigen Apartment Wrestling genau die richtige Dosis Irrsinn.
Maximum Balloon führt damit aber noch etwas vor Augen: Es gibt hier keinen breitbeinigen Frontmann, keinen Proberaum-Schweiß und nichts, was zum Mitgrölen taugt. Und trotzdem steckt auch Maximum Balloon voller Rock, wenn man den interpretiert als die Möglichkeit, sich voll und ganz der Theatralik auszuliefern, als das Bekenntnis, auf nichts und niemanden Rücksicht zu nehmen, als den Drang, den Instinkt nicht als Gegensatz zum Hirn zu interpretieren.
Dass Rock heutzutage auch HipHop ist, NuRave und Big Beat, hat ihn jedenfalls nicht langweiliger gemacht. Das Bild des Luftballons passt hier durchaus: Je mehr man hineingibt, desto spannender wird es. Und kaum jemand hat das so gut verstanden wie Dave Sitek.
Der Sound ist aus den Achtzigern, das Sakko auch: Groove Me live:
httpv://www.youtube.com/watch?v=3hlbPx9Sx_c