Künstler | New Found Land |
Album | The Bell |
Label | Fixe Records |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | ***1/2 |
Ein gerade erst entdecktes Land kann man Schweden nun wirklich nicht nennen. Wenn man nicht seit dem 2. Jahrhundert im ewigen Eis festgefroren ist, hält man das Königreich normalerweise auch nicht gerade für frisch gegründet. Dafür kann man aber behaupten: Die Menschen zwischen Trelleborg und Kiruna machen so viel gute Musik, dass ihr Land allein schon ausreicht, um einen ganzen Kosmos aus Klang zu beschreiben.
New Found Land machen das mit ihrem zweiten Album The Bell besonders augenscheinlich. Nicht, weil sie kurz vor Schluss mit Jag tar smällen plötzlich ein Lied auf Schwedisch bringen. Sondern weil Anna Roxenholt, die Sängerin, die sich für dieses Projekt mit verschiedenen Musikern aus ihrer schwedischen Heimat und ihrer Berliner Wahlheimat zusammengetan hat, mit New Found Land eine Musik macht, die man eigentlich unerhört nennen muss, so bezaubernd, verwirrend, gewagt und gekonnt ist sie – und für die sich doch viele Anknüpfungspunkte finden, selbst wenn man nur innerhalb Schwedens danach sucht.
Human, bei dem neben Anna Roxenholt auch die Stimme von Moritz Lieberkühn zu hören ist, hätte mit seiner Mischung aus heiterem Sound und der im Text lauernden Verzweiflung die Moonbabies stolz gemacht. Wenn Robyn einmal richtig durchdrehen sollte, könnte so etwas dabei herauskommen wie Love In Itself. Das extrem reduzierte Carve Out My Heart, das fast ausschließlich mit Percussion und einem Xylophon auskommt, könnte von Lykke Li inspiriert sein und glänzt zudem mit tollen Zeilen wie diesen: So we ended our love when the trees turned yellow / the street was filled with colourful leaves / but you lingered in me like an Indian summer / when all I longed for was winter and cold.
New Found Land setzen auf die faszinierende Kombination aus Anna Roxenholts fesselnder Stimme, instrumentaler Experimentierfreude und komplexen Computerbeats. Das ist nicht nur durchweg sehr geschmackvoll, sondern auch kreativer als das meiste, was man gemeinhin unter dem Label „Pop“ vorgesetzt bekommt. Während viele Alben entweder auf tolle Melodien oder eine stimmige Atmosphäre setzen, liefert The Bell einfach beides.
Im Titelsong gleich zu Beginn konkurrieren Bass und Schlagzeug, beide deutlich an aktueller Elektronik geschult, mit Steeldrums und Bläsern, die für eine gebrochene Exotik sorgen. Foul und Into Heaven sind fast klassische Akustik-Balladen und klingen genauso, wie man sich Ellie Goulding wünscht: modern und eingängig, aber und niemals anbiedernd. Wenn es etwas rockiger wird (Foul, A Storage Plan) erinnert das an die schwungvolleren Momente von Belle & Sebastian oder an die mittlere Schaffensphase der Cardigans.
Am besten sind New Found Land, wenn sie sich völlig gehen lassen. Der Rausschmeißer Streets Are Different macht klar, wie es klingen könnte, wenn sich Joan Baez mit Paul Epworth zusammentäte. Und das herrlich melancholische Stay With Me wird nicht trotz, sondern gerade wegen eines Saxofonsolos zum Höhepunkt von The Bell.
New Found Land spielen Human live im schwedischen Fersehen. Und jawohl: Das ist eine Tuba.
httpv://www.youtube.com/watch?v=oV7QrVZX8k4
2 Gedanken zu “Hingehört: New Found Land – „The Bell“”