Nick Drake – „Five Leaves Left“

Künstler Nick Drake

„Five Leaves Left“ war für Nick Drake der Beginn einer Karriere mit ganz viel Einfluss und ganz wenig Erfolg.
Album Five Leaves Left
Label Island
Erscheinungsjahr 1970
Bewertung

„Drake is now seen as a hugely influential artist.“ Dieser Satz am Ende seiner Kurzbiographie in der Great Rock Discography hätte den frühen Tod des Engländers vielleicht schon verhindern können. Doch Nick Drake litt unter Selbstzweifeln, unter fehlender Anerkennung und unter seiner Umwelt. Wie man es sonst nur von Malern kennt, sah er sich dem Schicksal des zu Lebzeiten verkannten und erst posthum verehrten Künstlers ausgeliefert.

1970 war von Selbstaufgabe allerdings noch nicht viel zu bemerken. Nick Drake war noch zuversichtlich, konnte das als Folk-Hoffnung auch sein, lieferte er doch mit seinem Debütalbum Five Leaves Left „a mature, melodic collection whick invoked the mood of Van Morrison´s Astral Weeks or Tim Buckleys Happy Sad„, wie besagte Kurzbiographie treffend einordnet.

In der Tat ist es kaum zu fassen, wie klassisch der damals 22-Jährige auf Five Leaves Left schon klingt, und wie er dabei doch bereits unverwechselbar ist. Im Picking virtuos, in der Stimme ohne Boden. Der Welt entrückt wie Donovan, dabei aber mit einer Traurigkeit, wie sie sonst nur Leonard Cohen erreicht.

Wie bei dem Kanadier werden die spartanischen Arrangements auch hier durch kongeniale Streichersätze komplettiert. In The River Man sind es ganz hohe Geigen, die zur Dramatik und Zerrissenheit beitragen, im zauberhaften Way To Blue noch dazu Violas und Bratschen, die das Lied emporheben und es dann auf eine dunkle Regenwolke sinken lassen.

Dazwischen liegt das hoch abstrakte Three Hours, danach kommt das kompaktere Day Is Done, ein Lied, das in einer Träne entstanden sein muss.
Die Hoffnung kehrt dann im Cello Song zurück, und selten klang sie so verlockend wie hier.

Nick Drake weiß um die Vollkommenheit des Moments, aber er weiß auch um dessen Vergänglichkeit. The Thoughts Of Mary Jane gibt davon Zeugnis. Fast kehrt so etwas wie Unbeschwertheit in seine Musik ein, wozu auch die beschwingte Leichtfüßigkeit und die charmante Pointe von Man In A Shed passen würden. Wenn nicht die unterschwellige Verzweiflung allgegenwärtig wäre, die sich in Fruit Tree zur Todessehnsucht auswächst. „Safe in the womb / of an everlasting night / you find the darkness can give you / the brightest light.“ Im Rückblick sind die Strophen durchaus tragisch: „Fame is but a fruit tree / so very unsound / it can never flourish / ´til its stock is in the ground / so men of fame can never find a way / ´til time has flown far from their dying day / they´ll all know / that you were here when you´re gone.“

Auch das Ende ist unversöhnlich. Die Saturday Sun schimmert durch in der feinen Piano-Figur. Doch das Besen-Schlagzeug ist der Wind, der die Stimme voller Wolken wieder herbeiweht – und die Erkenntnis, dass Selbstmitleid eine feine Sache ist, wenn andere die Konsequenzen tragen. „Time has told me / you´re a rare, rare find / a troubled cure / for a troubled mind.“

Kongenial: Sehr hübsche schwarz-weiß-Fotos als Collage, unterlegt mit Way To Blue:

httpv://www.youtube.com/watch?v=nhN429QPKxI

Nick Drake bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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