Oberhofer – „Time Capsules II“

Künstler Oberhofer

Ein einfaches Konzept hat Oberhofer für sein Debüt "Time Capsules II": Hits galore.
Ein einfaches Konzept hat Oberhofer für sein Debüt „Time Capsules II“: Hits galore.
Album Time Capsules II
Label Glassnote
Erscheinungsjahr 2012
Bewertung

Es gibt wenig in der Musik von Brad Oberhofer, das man als “Mysterium” bezeichnen könnte. „Oberhofer sounds like he’s expressing the kind of happy, life-affirming jitters you get when waiting on line for a roller coaster, or when you win concert tickets on the radio“, hat Pitchfork über ihn geschrieben, und das trifft es ganz gut.

Mit anderen Worten: Dieser Mann macht Hits, aufmunternde, energische Indiepopsongs. Ich habe nichts dagegen: Ich mag die Kooks, Fountains Of Wayne, die Kaiser Chiefs, die Wombats. Ich mag sogar die dämlichen Pigeon Detectives. Genau in diese Reihe darf man Oberhofer einordnen, die offiziell ein Quartett sind. Allerdings hat der 21-jährige Brad Oberhofer, der aus Tacoma, Washington stammt und jetzt in Brooklyn lebt, auf diesem Debütalbum fast alles selbst eingespielt.

Und das will etwas heißen. Denn es ist gerade die opulente und fantasievolle Instrumentierung, die Time Capsules II davor bewahrt, vor lauter guter Laune zu eindimensional zu werden. Es gibt oft ein wuchtiges Fundament, aber dazu immer leichte Melodien oder filigrane Passagen von Flöte, Xylophon oder Oboe. Man kann da gerne an Ben Kweller denken oder an Bright Eyes, man darf auch gewiss sein, dass Star-Produzent Steve Lillywhite (U2, Morrissey, Rolling Stones) seinen Anteil an diesem faszinierenden Klangspektrum hat.

Alles wird auf Time Capsules II zum maximalen Effekt gebracht, und genau deshalb funktioniert diese Platte so unmittelbar. Landline beispielsweise ist sofort ein Hit, steigert sich dann immer weiter und klingt wie Weezer, wenn die weniger Metal und dafür mehr Springsteen gehört hätten. Away Frm U hat einen ähnlich packenden Drive und ein paar amüsant spacige Spielautomaten-Sounds.

I Could Go ist fast kindisch gut gelaunt, das famose Cruisin’ FDR sogar himmelhochjauchzend. Das restlos euphorische oOoO trägt den Inhalt seines Refrains schon im Titel, und auch sonst haben Oberhofer erfreulicherweise kein Problem damit, ihre Texte auf ein „ohoho“ oder „uhuhu“ zu beschränken. Auch eine schamlos offenherzige Liebeserklärung wie Gold oder eine sentimentale Hymne auf die Heimat wie der Rausschmeißer Homebro sind hier gern genommen.

Nur der Opener Heart versteckt ein bisschen von seiner Substanz unter der Oberfläche, weil er als schwermütige Pianoballade beginnt, dann zum schrägen Seemannslied im Stile von Port O’Brien wird und als Kirmesmusik endet. Auch Yr Face enthält zumindest ein kleines Rätsel, nämlich die Preisfrage, bei welchem Lied hier die Melodie der Strophe geklaut ist (Antwort: Chasing Cars von Snow Patrol). Ein kitschiger Wunsch wie „I want to build a house with you”, wird dann immerhin in einen Songtitel namens Haus verkleidet, auch wenn das womöglich nur daran liegt, dass die deutsche Schreibweise in Brooklyn ein Stückchen cooler wirkt.

Eine große Leidenschaft für Pop steckt in dieser Musik, in bester Sixties-Tradition. Die wird übrigens auch im Cover deutlich: Eine Schwarz-Weiß-Collage vor einem Bergmassiv ist da zu sehen, und davor eine Reihe junger Frauen in Retro-Ästhetik, die anscheinend so etwas zum Ausdruck bringen wollen wie „We salute you.“ Da darf man sich gerne einreihen.

Oberhofer spielen Away Frm U live bei, ähm, Lttrmn:

httpv://www.youtube.com/watch?v=XK2BPn9rzUU

Oberhofer bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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