Hingehört: Of Monsters And Men – „My Head Is An Animal“

Den perfekten Mix aus Stars und Arcade Fire bieten Of Monsters And Men.
Den perfekten Mix aus Stars und Arcade Fire bieten Of Monsters And Men.
Künstler Of Monsters And Men
Album My Head Is An Animal
Label Universal
Erscheinungsjahr 2012
Bewertung ****

Manchmal ist alles ganz einfach. Für Nanna Bryndís Hilmarsdóttir zum Beispiel. Sie suchte ein paar Musiker zur Verstärkung, traf auf Ragnar „Raggi“ Pórhallsson, stellte fest, dass ihre Stimmen wunderbar zusammen passen und sie auch als Songwriter gemeinsam tolle Ideen entwickeln können.

Für Of Monsters And Men zum Beispiel. Denn diesen Namen suchten sich die beiden aus, nahmen noch vier Kollegen als Verstärkung dazu und machten in ihrer Heimatstadt Reykjavik beim nationalen Musikwettbewerb Músiktilraunir mit, den sie prompt gewannen und der ihnen den Durchbruch bescherte. Ihre Single Little Talks wurde in Island ein Nummer-1-Hit und sorgte für so viel Wirbel im Netz, dass das gerade erschienene Debütalbum My Head Is An Animal selbst in den USA auf Platz 6 der Charts einstieg.

Manchmal ist alles auch ganz einfach für alle, die Arcade Fire und die Stars lieben. Denn die dürften nun in Of Monsters And Men die perfekte Symbiose ihrer Lieblingsbands gefunden haben. Nanna und Raggi singen gemeinsam tatsächlich so zauberhaft wie Torquil Campbell und Amy Millan bei den Stars. Und als Band können Of Monsters And Men ebenso ungestüm, theatralisch, mitreißend und bewegend sein wie Arcade Fire.

Schon das erste Lied unterstreicht diese Fähigkeit: Erst sind in Dirty Paws nur die zwei Stimmen zu akustischer Gitarre zu hören, dann sorgen Piano und Schlagzeug für ganz viel Dramatik und im Refrain für eine feurige Eingängigkeit, die ein bisschen an Home von Edward Sharpe & The Magnetic Zeros erinnert. Ganz ähnlich funktioniert From Finner, ein Lied über einen Wal, der ein Haus auf seinem Rücken trägt, das zum Schluss einen Schunkelmatrosenchor aufbietet, der fleißig „lalala“ und „Hey! Hey!“ schreit.

Auch das Akkordeon von Árni Gudjónsson sorgt immer wieder für besondere, opulente Klangmomente, etwa in King And Lionheart, das auch den Shout Out Louds gefallen dürfte. Lakehouse fährt im großen Finale auch Trompeten auf, der herrliche Schlusspunkt Yellow Light hat ein Glockenspiel zu bieten.

My Head Is An Animal kann kräftig sein wie Mountain Sound oder das hymnische Six Weeks, melancholisch wie Slow And Steady, zärtlich wie Love, Love Love, eine untröstliche Liebeskummeranalyse, die kein bisschen Hoffnung enthält und trotzdem tröstlich und wunderschön klingt. „Die Texte sind nicht sehr aufbauend und fröhlich“, erklärt Raggi diese Diskrepanz, „aber unsere Musik soll Spaß machen, man soll mitsingen können und sich an ihr erfreuen können.“ Sein Gesang kippt manchmal in Richtung Paul Heaton (The Beautiful South), Nanna klingt dafür gelegentlich wie Kate Nash – und auch das wäre eine tolle Paarung.

Dazu gibt es einen seltsamen und einen sehr besonderen Moment auf dieser Platte. Der seltsame ist Sloom, dessen Melodie und wehmütige Atmosphäre erschreckenderweise an die Eighties-Schnulze Room With A View von Tony Carey erinnern. Der besondere Moment ist Little Talks. Die Single ist mit ihrem schwungvollen Friska-Viljor-Beginn, dem zauberhaften Wechselgesang und ganz viel Bläser-Power nicht nur der beste Song auf diesem Album. Am Ende von Little Talks, dem sechsten von zwölf Tracks, haben Of Monster And Men auch eine recht lange Pause gelassen. Man bangt in diesen Sekunden, das Album könne schon zu Ende sein – das ist wohl das beste Argument für die Klasse dieses Debüts.

Wahrscheinlich spielen Of Monsters And Men Little Talks hier gerade in einem Wohnzimmer, das auf dem Rücken eines Wals steht:

httpv://www.youtube.com/watch?v=8Dw8qdmT_aY

Of Monsters And Men bei MySpace.

 

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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