Künstler | Pete Droge |
Album | Necktie Second |
Label | American |
Erscheinungsjahr | 1994 |
Bewertung | **** |
„Das punkigste, was man derzeit machen kann, ist eine Folk-Platte“, meinte Rick Rubin im Jahr 1995. Insofern ist Necktie Second, ein Jahr zuvor auf seinem American-Label erschienen, also eine Punkplatte. Doch natürlich ist Pete Droge kein Johnny Rotten. Er sieht eher aus wie Neil Young, klingt wie Tom Petty, tourte mit Sheryl Crow und ist also durch und durch Traditionalist.
Seine Musik nennt der Rolling Stone dementsprechend unspektakulär „countryfizierten Rock ’n Roll“. In seinen Texten „gibt er den verwirrten Loser ab, der mit der modernen Leistungsgesellschaft überhaupt nicht klar kommt, sich in zivilisatorischen Ausstieg und esoterischen Mystizismus flüchtet“ (Musikexpress).
Das klingt schlimmer, als es wirklich ist. Denn wenn Pete Droge seine Weltverdrossenheit mit etwas Humor paart, kommt dabei sogleich ein wunderbarer Hit wie If You Don’t Love Me (I’ll Kill Myself) heraus. Die Kuhglocke ist unwiderstehlich – und bleibt sogleich das exotischste Instrument auf diesem Album. Schon Northern Bound Train setzt auf ganz klassischen Shuffle und Telecaster-Seligkeit. Genauso naheliegend und dennoch zwingend wie die feine Zeile: The deeper in love, the harder the crying / when she has gone away.“
Auch im fast rein akustischen Straylin‘ Street geht es ums Verlieren, ums Suchen und die daraus folgende Rastlosigkeit. „Say can you help, help, help a man like me“, seufzt Pete Droge ganz erweichend, und er kennt die Antwort. Dementsprechend ist der Fourth Of July auch kein Feiertag, sondern „a good day to die“. Im fast schon gospelhaften Faith In You gibt es dann zwar ein wenig Hoffnung, aber es ist wirklich die letzte.
Schon wenig später ist auch der klägliche Rest an Kraft aufgebracht, Hoffen und Vertrauen sind wieder The Hardest Thing To Do. Was bleibt, ist der Versuch, sich mit dem Unglück zu arrangieren und möglichst nicht zurückzublicken. So I Am Over You, kann man sich dann einreden, doch schon in der nächsten Zeile schleichen sich wieder Reue und Wahrheit ein: „tell me what good does it do“. Auch die Musik nimmt dabei immer neue Anläufe, versucht ständig, sich aufzuraffen, verbleibt aber in Melancholie.
Am Ende bleibt nur Sehnsucht. Der Rausschmeißer Hampton Inn Room 306 wurde ebenda aufgenommen. Die Liebste ist nicht da, und ist es doch: „I’m not calling to say I love you, I’m not calling to say how I care, I’m not calling to say I want you here / I think by now those things are clear to us both / but I tell you every day, cause it makes me feel better, babe.“ Fast noch ein Demo, trotzdem schon perfekt. Die Rick-Rubin-Methode.
Vom Rausschmeißer Hampton Inn Room 306 gibt es leider nur eine hausgemachte Coverversion, die ist aber sehr gelungen:
httpv://www.youtube.com/watch?v=uOtvIXrrgZI