Künstler | Planningtorock |
Album | W |
Label | DFA |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | **1/2 |
Manche mögen schreien: Mogelpackung! Andere mögen empört den Kopf schütteln. Ich sage bloß: besser hinschauen! Bei Planningtorock kommt es darauf an, einen Blick fürs Detail zu haben. Das fängt schon beim Namen an. Der enthält zwar „Rock“, aber eben nur als Vorsatz – nicht in die Tat umgesetzt. Er klingt zudem nach einer Band, doch eigentlich besteht Planningtorock nur aus Janine Rostron, die aus Bolton stammt und nun in Berlin arbeitet.
Das kann durchaus als Prinzip für W angesehen werden. Denn das Debütalbum von Planningtorock (das es hier übrigens komplett im Stream gibt), entstanden im Laufe von drei Jahren und quasi komplett von Janine Roston im Alleingang erschaffen, vereint ganz vieles, was nicht zusammengehört, pfeift auf Widersprüche und hat mächtig Spaß an Überraschungen. „I’ve come to terms with the fact that what I do has a big percentage of elements that you just don’t know, and that’s what makes it interesting“, erklärt Rostron.
Die Ergebnisse dieser Arbeitsweise sind verwirrend. Dass W auf DFA erscheint, ist zwar ein Hinweis auf das Genre. Doch neben Disco und Electro finden sich auf dem Album auch Elemente von Industrial-Balladen (Jam), heftige Bass-Drum-Attacken zu nervösen Synthies (I Am Your Man), instrumentale Ambient-Stücke (Black Thunder) und ein geisterhaftes Arthur-Russell-Cover (sinnigerweise: Janine). Und vor allem immer wieder ein Instrument, das auf W entscheidend die Klangfarbe bestimmt, sonst aber eher selten in diesem Kontext zu hören ist: das Saxofon.
Schon im Opener Doorway, der zu Beginn noch wie ein normaler House-Track klingt, setzt es gemeinsam mit Streicher-Schlägen schräge Akzente. Danach scheinen die Geigen in The One von einem Virus besessen, die Stimme hat ihr Geschlecht verloren, nur das Saxofon wandelt klar und rein durch diese Effekt-Welt. Das geheimnisvolle Going Wrong macht deutlich, wieso Planningtorock zu den bevorzugten Kollaborateuren von The Knife gehört, und auch hier spaziert ein gedämpftes Saxofon durch die düstere, neblige Landschaft. Milky Blau ist die perfekte Filmmusik für eine Szene, in der Aliens einen tragischen, ungerechten Tod sterben, und am Ende davon sorgt ebenfalls das Saxofon für zusätzliches Drama.
Manifesto entwirft die reizvolle Vision einer melancholischen Ausgabe von Hercules & Love Affair. The Breaks ist so stilvoll und kalt wie es einst die Eurythmics waren, durch den Rausschmeißer 9 irrt sogar der Geist von Bronski Beat. Das alles ist eher faszinierend als bewegend, eher beeindruckend als rührend, extrem schwer einzuordnen – und insgesamt leider auch nicht sonderlich unterhaltsam. Aber es ist in jedem Fall einzigartig, es ist durch und durch Planningtorock, und genau das ist es, worum es Rostron geht: „I’ve realised that doing it on my own in my own time in my own way is the curcial ingredient.“
Das Video zu Doorway gibt einen Hinweis, warum sich Janinie Ronstron ein Pseudonym gesucht hat: Es könnte an der Nase liegen:
httpv://www.youtube.com/watch?v=0fAJ7nlD3_Y