Künstler | Retro Stefson |
Album | Kimbabwe |
Label | Vertigo |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | ** |
Man muss kein ausgewiesener Kenner der nordischen Sprachen sein, um zu verstehen, was „Island“ bedeutet. Es reicht schon, wenn man ein bisschen Englisch kann. „Iceland“ heißt die Insel da. Das bedeutet: Island ist kalt. Scheißkalt. Sommer bedeutet dort: 15 Grad Celsius.
Damit sind die Isländer sicherlich die europäische Nation, die man am wenigsten mit Afrika in Verbindung bringen würde. Trotzdem hat man nun plötzlich Kimbabwe in der Hand, das zweite Album von Retro Stefson. Die Vorab-Single heißt Kimba, als Hommage an den weißen Löwen aus dem afrikanischen Dschungel, ein anderes Lied bekommt den Titel Mama Angola. Der Afrika-Einfluss bleibt nicht nur an der Oberfläche. Das Septett aus Island macht so etwas wie Indie-Weltmusik.
Wer sich darunter nichts vorstellen kann: Da trifft Hardrock auf karibische Sounds, Eurodance auf Vampire Weekend, Italo House auf Friendly Fires, dezente Elektronik auf eine Heimorgel, die im Proberaum von Foals explodiert. Die Texte von Retro Stefson (die so heißen, weil gleich drei der sieben Mitglieder den Nachnahmen Stefansson tragen) sind wahlweise in englischer, französischer, portugiesischer und isländischer Sprache, es geht darin aber ganz offensichtlich nicht um die Vermittlung von Botschaften, sondern um den Klang der Wörter an sich.
Das Ergebnis klingt ungemein sonnig, aber extrem durcheinander. Das Intro ist beinahe Heavy Metal, dann treffen in Planetarium jede Menge Bongos und Steeldrums auf einen Prog-Rock-Song. Durch Low weht eine zauberhafte Mädchenstimme, mit Karamba und dem Rausschmeißer Senseni gibt es gleich zwei Songs, die locker die 7-Minuten-Marke knacken und tatsächlich einer musikalischen Weltreise gleichen.
Kimbabwe ist ein klassischer Fall eines Albums, das bewundernswert interessant ist – aber auch deutlich macht: interessant heißt noch lange nicht gut. Es gibt ein paar gelungene Momente, aber auch ganz viel Gedudel. Für all ihre Abenteuerlust finden Retro Stefson immer wieder neue Formen, aber leider keinen roten Faden. Das ist ein bisschen, als gehe man auf eine Weltreise und mache dann wahllos alle sechs Stunden ein Foto: Die schönsten Erinnerungen gehen mit dieser Methode sicher verloren.
Island ist wirklich kalt, hat aber gut beheizte Turnhallen. Das Video zu Kimba ist ein weiterer Beweis:
httpv://www.youtube.com/watch?v=omZvCIPsd-0