Künstler | Ringo Starr |
Album | Y Not |
Label | Universal |
Erscheinungsjahr | 2010 |
Bewertung | **1/2 |
Es gibt ein paar gewichtige Indizien dafür, dass Ringo Starr eigentlich gar kein neues Album mehr machen wollte. Da ist zum Beispiel das erste Lied, Fill In The Blanks. Es handelt von sinnlosen Telefongesprächen – und wenn man keine spannenderen Themen für seine Songs mehr findet, dann sollte man sich wirklich zur Ruhe setzen. Auch dass der Beatles-Drummer mit Everyone Wins einen Song noch einmal aufwärmt, den er 1992 nur als gut genug für eine B-Seite befand, zeugt nicht gerade von enormer Produktivität. Da sind zudem die nicht gerade schmeichelhaften Kritiken, die Ringo Starr zuletzt für seine Solo-Ambitionen hatte einstecken müssen. Und da ist die Tatsache, dass er auch diesmal nicht ohne A Little Help From His Friends auskommt, auch wenn die ausnehmend qualifiziert und prominent sind: Dave Stewart, Joss Stone und Van Dyke Parks haben beispielsweise ihre Finger im Spiel.
Über all dem schwebt zudem das ewige Bewusstsein, niemals an den Maßstab heranreichen zu können, den nun einmal alle an einen Beatle anlegen. Es ist ein ähnliches Dilemma wie bei Chris Jagger oder Julian Lennon, nur in diesem Fall noch gesteigert: Ringo Starr eifert den Größten nach, zu denen er eine ganz enge Beziehung hat. Doch bei ihm kommt noch die erdrückende Tatsache hinzu, dass er eben nicht nur mit den Größten verwandt ist, sondern selbst in ihrer Blütezeit zu ihnen gezählt hat.
Ein genialer Songwriter wird Ringo Starr trotzdem auch auf seine alten Tage nicht mehr. Insbesondere die Texte lassen zu wünschen übrig, selbst wenn man die mitunter recht plumpe Flower-Power-Philosophie wie im ansonsten netten Las-Vegas-Blues Can’t Do It Wrong außen vor lässt. Seine beschränkten Fähigkeiten als Sänger sind auch hier nicht zu leugnen, was vor allem beim schmissigen Album-Finale Who’s Your Daddy deutlich wird, wo er Joss Stone stimmlich kaum Präsenz oder gar die für einen Rock’N’Roll-Feger dieser Güte nötige Aggressivität und Lüsternheit entgegenzusetzen vermag. Aber vielleicht dachte sich Ringo Starr bei der Aussicht auf eine 15. Soloplatte einfach: Warum nicht?
Die gute Nachricht: Y Not ist trotzdem respektabel geworden, charmant und an manchen Stellen richtig gut. Das bereits erwähnte Fill In The Blanks ist zum Auftakt zwar Fließband-Rock mit schlimmem 1980er-Sound. Doch dann wird es schnell deutlich spannender. Mystery Of The Night könnte sich zu einem Radiohit mausern. Das mit Dave Stewart geschriebene Time hat einen recht organischen Groove und lässt Ringo als Drummer noch einmal richtig glänzen. The Other Side Of Liverpool bekommt erfreulich viel Raum zum Atmen und steckt voller Kindheits- und Teenagererinnerungen an die Tage an der Merseyside, die ein paar Jahre später plötzlich die ganze Welt interessieren sollten.
Auch anderswo spielt Ringo Starr durchaus clever mit seinem Status. Der Peace Dream wünscht sich ein Zeitalter ohne Hunger und Krieg – und zitiert dabei einen gewissen John Lennon. Die Vorab-Single Walk With You ist gar ein Duett mit Paul McCartney, und wird mit seiner melodiösen Opulenz durchaus dieser Paarung gerecht.
Unterm Strich scheint Ringo Starr 40 Jahre nach dem Ende der Beatles sehr zufrieden mit seinem Status als ewiger Hippie. Und er hat nach wie vor Freude am Schlagzeug, an der Musik, am Plattenaufnehmen. Warum auch nicht.
Das Motto gilt auch hier: Ringo Starr singt noch einmal With A Little Help From My Friends:
httpv://www.youtube.com/watch?v=unMYV7OXeRA
2 Gedanken zu “Hingehört: Ringo Starr – „Y Not“”