Künstler | Rufus Wainwright | |
Album | Out Of The Game | |
Label | Decca | |
Erscheinungsjahr | 2012 | |
Bewertung |
Wenn zwei echte Größen aufeinandertreffen, dann muss dabei noch lange nichts Großes herauskommen. Siehe: Thomas Gottschalk und Das Erste. Michael Ballack und Jogi Löw. James Dean und ein Porsche 550 Spyder.
Man muss eine solche Konstellation auch in diesem Fall befürchten. Da steht auf der einen Seite Rufus Wainwright, im Presse-Info zu dieser Platte gepriesen als „der vielleicht beste, sicher aber vielseitigste Songwriter der Gegenwart“. Auf der anderen Seite steht Mark Ronson, der Out Of The Game produziert hat, und seit seinem Beitrag für Amy Winehouses Back To Black als der Mann der Wahl gilt, wenn Pop mit reichlich Retro-Charme und noch mehr Bläsern aufgemotzt werden soll.
Diese Paarung hat durchaus ein Geschmäckle. Schließlich hat Rufus Wainwright zwar reichlich Kritikerlob vorzuweisen (schon 1998, zu Beginn seiner Karriere, kürte ihn der Rolling Stone zum Best New Artist, zuletzt gab es 2009 eine Grammy-Nominierung). Aber in puncto Verkaufszahlen ist er, vor allem in der US-amerikanischen Heimat, noch längst keine große Nummer. “Es ist das poppigste Album, das ich je gemacht habe”, sagt Rufus Wainwright jetzt, während Mark Ronson meint: “Es ist das beste Album meiner Karriere.” Das lässt aufhorchen, im unangenehmen Sinne: Will sich der Sänger jetzt für sein siebtes Studioalbum von einem Erfolgsgaranten in Richtung Hitparade prügeln lassen?
Die Antwort lautet: nein. Es gibt ein paar Momente, die erklären, warum Rufus Wainwright diese Platte „tanzbarer“ findet als seine bisherigen Werke. Bitter Tears hat ein paar Elektro-Anleihen (auch wenn das Keyboard dabei nach Cembalo klingt), Perfect Man wird vergleichsweise flott und funky. Auch der Titelsong, der als erste Single zugleich mit einer George-Harrison-Gitarre und enormer Lässigkeit punktet, fällt in diese Kategorie.
Trotzdem ist Out Of The Game kein Mark-Ronson-Album geworden. Es ist durch und durch das Werk von Rufus Wainwright. Wie immer klingt der 38-Jährige älter als er ist, wie immer wälzt er sich genüsslich in Melancholie und wie immer ist er auch auf Out Of The Game exaltierter als alle anderen (wenn auch nicht mehr ganz so exaltiert wie früher). Als Einflüsse für das im letzten Herbst in New York aufgenommene Album benennt Wainwright “all die Großen – Elton, Freddie Mercury, David Bowie, im Grunde die Schrillen und Schönen. Es ist also sehr Rufus.”
Dem muss man zustimmen. Es gibt immer wieder Ausflüge in den Klassik-Bereich und diverse andere Genres, die Rufus Wainwrights Musik das Etikett vom Barock-Pop eingebracht haben. Montauk, das anscheinend den Tod seiner Mutter Kate McGarrigle Anfang 2010 thematisiert, könnte aus einem Musical stammen, das Finale des großartigen Welcome To The Fair setzt auf Trompeten-Opulenz, das todtraurige Respectable Dive taucht nicht nur einen Fuß in Country-Gewässer ein. Jericho ist eines von vielen Liedern, in denen Gospel-Elemente durchschimmern, zudem gibt es hier klasse Streicher und die beste Zeile des Albums: „Baby I know that you’re too sad to cry / But my little darling guess what? So am I.“
Rufus Wainwrights durchweg zauberhafter Gesang, irgendwo zwischen Ben Kweller, Billy Joel und Morten Harket, wird sehr oft von Chören umrahmt. Wie so oft singt darin gerne seine Schwester Martha Wainwright mit. Weitere Mitstreiter sind Nels Cline (Wilco), Nick Zinner (Yeah Yeah Yeahs), Andrew Wyatt (Miike Snow), Anthony Rossomando (Ex-Dirty Pretty Things), Rose Elinor Dougall (Ex-Pipettes), Sean Lennon und die Dap-Kings, auf die Ronson schon bei Back To Black gesetzt hat. Der Produzent attestiert Out Of The Game auch deshalb einen “wirklichen 70er-Jahre-Laurel-Canyon-Spirit” (kleine Klugescheißer-Anmerkung: im Laurel Canyon wohnten damals unter anderem Jim Morrison, Frank Zappa, The Byrds, Buffalo Springfield und Joni Mitchell).
In der Tat besticht Out Of The Game auch dadurch, dass es so vielseitig, offen und dabei doch stimmig ist. Barbara holt Synthies in den Lieblingsclub von Oscar Wilde, Song Of You wird ein wundervoller Walzer, Sometimes You Need wächst sich nach seinem zarten Beginn zu einem von Flöten umrankten Sittengemälde der Einsamkeit und des Trosts in der Großstadt aus, ein Akkordeon und ein Dudelsack krönen den fast schüchternen Rausschmeißer Candles.
Ronson hat durchaus beträchtlichen Anteil daran, die fast verschwenderische Instrumentierung in einem gelungenen Ganzen aufgehen zu lassen. Das beste Beispiel dafür ist Rashida, das zugleich eine Soul-Ballade, ELO-Extravaganz und Mini-Operette ist. Out Of The Game wird somit definitiv zu einer Paarung, die funktioniert: ein Künstler mit unfassbarem Talent und reichlich Inspiration und ein Produzent, der die richtige Form dafür findet und die Fäden in der Hand behält. The best of both worlds.
In diesem Video macht Rufus Wainwright Lust auf Out Of The Game:
httpv://www.youtube.com/watch?v=yVyQu86jE5c
Ein Gedanke zu “Rufus Wainwright – „Out Of The Game“”