Künstler | Ryan Adams | |
Album | Demolition | |
Label | Lost Highway | |
Erscheinungsjahr | 2002 | |
Bewertung |
Im Vergleich zu Gold und vor allem Rock’N’Roll ist dies Ryan Adams‘ Herbstplatte. Braun, düster und feucht. Im Vergleich zu Heartbreaker und vor allem Love Is Hell herrscht hier allerdings Frühling. Wenigstens ein Hauch vom Wärme, gelegentlich etwas Licht, zumindest die Verheißung von Leben.
Weil beides zusammenkommt, kann man hier den kompletten Adams erleben: mal später Bob Dylan, mal früher Neil Young. Und manchmal auch geprägt von der schlimmen Zeit zwischen 1979 und 1990. Beispielsweise beim Opener Nuclear, der (wie das ganz ähnlich konstruierte Starting To Hurt) unverschämt nach U2 klingt, so in der Gegend von The Joshua Tree. Es ist fast wieder eine Freude, zu sehen, wie wenig sich Ryan Adams für diese Parallele schämt, für den Chorus-Effekt auf der Gitarre und den metallischen Bass, die Ghostnotes, die Slide Guitar und der Eruption des Refrains.
Nicht weit weg von Stadion-Rock ist auch Gimme A Sign, mit kraftmeierndem Riff und Tamburin. Eine gespenstische 80er-Ästhetik, meinetwegen INXS meets The The, beschwört auch der komatöse Rausschmeißer Jesus (Don’t Touch My Baby) herauf.
Dazwischen geht es zu wie gehabt: himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Manchmal wird das schlicht und rührend umgesetzt wie in Hallelujah, oftmals rein akustisch und kaum zu fassen wie in You Will Always Be The Same oder Dear Chicago, manchmal mit Hang zur ganz großen Geste und perfektem Gespür fürs Detail wie bei Desire, manchmal als Zwitter aus zuckersüßer Schale und (ver)bitter(t)em Kern wie bei Cry On Demand.
Ganz entspannt und fast schon mit Joni-Mitchell-Flair kommt Tennessee Sucks daher, Chin Up, Cheer Up ist lupenreiner Country. She Wants To Play Hearts und Tomorrow sind so zart und leise, dass sie fast gar nicht wirklich da sind. So roh und verletzlich hat man Ryan Adams noch nie gehört.
Bedenkt man, dass all dies eigentlich gar kein reguläres Album ist, sondern übriggebliebenes Material, kann man nur den Hut ziehen vor diesem Talent. Ob nun Frühling oder Herbst: Gerade wegen seines Compilation-Charakters ist Demolition das prototypische Ryan-Adams-Album.
Eine intime Performance von Dear Chicago, live aus London:
httpv://www.youtube.com/watch?v=Tvy3tozSzQI