Künstler | Sea Of Bees | |
Album | Songs For The Ravens | |
Label | Heavenly | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
Wer hätte das gedacht? Man kann auch in Kalifornien chronisch traurig sein. Julie Ann Baenziger, genannt Jules, ist es in jedem Fall. Die Dame aus der Nähe von Sacramento, die hinter Sea Of Bees steckt, wollte unbedingt selber Musik machen, seit sie sich als Teenager in ein Mädchen aus dem Kirchenchor verliebt hatte. Doch sie hatte weder die nötigen Kontakte – noch konnte sie ein Instrument spielen.
Dafür bringt Jules ein anderes Talent mit: ihre Stimme. Irgendwo zwischen Melanie (ja, die aus den Sixties) und Cerys Matthews (ja, die von Catatonia) singt sie, mal heiser, mal verführerisch, mal fast abwesend – aber immer einzigartig. Ihre Stimme ist so gut, dass sie ihr half, die anderen Defizite zu überwinden: Jules lernte ein paar Leute kennen, die ihr beibrachten, wie man Lieder schreibt, aus einer Marimba, einem Glockenspiel oder einer Gitarre die richtigen Töne herausholt und Platten macht. The Bee Eee Pee war 2009 das erste Ergebnis, nun folgt (mit fast einem Dreivierteljahr Verspätung zum US-Release) mit Songs For The Ravens ein höchst hörenswertes Debütalbum.
Diese Musik ist gefangen, gefesselt, oft ein bisschen gehemmt. Songs For The Ravens ist durchzogen von Zweifeln, Zögern und Angst. „My hands are tied“, singt Jules Baenziger passend dazu im Refrain des melancholischen Skinnybone, ihrer Hymne an die Freundschaft. Am Ende von Wizbot, das ganz lange Schwung holt, gibt es dann so etwas wie ein Ausbruch: „ahaha“ singt Jules Baenziger – und auch, dass sie im Moment der Befreiung keine Wort mehr hat, ist durchaus sinnbildlich.
Denn diese Musik ist wie ein Magnetfeld, das magisch angezogen wird vom Glück – und dann, kurz bevor es sein Ziel erreicht, sich selbst umpolt und wieder abgestoßen wird. Es wimmelt hier von Textstellen, die diese Tragik, diese Sehnsucht und diese Hoffnung von Momenten in sich tragen, in denen alles gut ist, aber eben nur beinahe: „I don’t need you / but I want to“ (Skinnybone). „I saved a lifetime of hope for you / but you don’t care“ (Wizbot). “And when you had something good to give / it was gone” (Marmalade). “You say that you love me / but that doesn’t matter” (Willis). “You’re the sweetest pain in my side” (Sidepain).
Das könnte auf Dauer natürlich ein wenig eintönig oder gar deprimierend werden, zumal es schon eine Autowerbung oder einen cleveren Remix bräuchte, um aus den meisten dieser Lieder auch Hits zu machen. Doch in Sea Of Bees steckt genug Talent, um dieser Gefahr entgegenzuwirken: Zum einen eine große stilistische Bandbreite, die von sanfter Elektronik à la Sigur Ros über Country-Folk bis hin zu unkonkretem Rock im Stil von Duke Spirit reicht. Zum anderen immer wieder erhebende Momente, in denen der Schleier von dieser Musik gezogen wird und all ihre Wärme, ihr Charme und Optimismus leuchten kann.
The Gold ist so ein Fall, das mit seinem heiteren Marsch-Rhythmus fast so klingt, als hätte Fran Healy eine Überdosis Östrogen (und Lebensfreude) abbekommen. Sidepain deutet gar einen Glam-Rock-Beat an und wartet mit Handclaps und einem energischen Ha!-Ruf aus dem Hintergrund auf.
Dann wird deutlich: Ganz so traurig ist Sea Of Bees also doch nicht. ”There’s a heaviness in the songs”, räumt Jules Baenziger angesichts ihrer Songs For The Ravens ein. “But I think there’s hope, too.”
Wenn ich das richtig verstehe, ist das Video zu Gnomes aus der Perspektive einer Biene gefilmt:
httpv://www.youtube.com/watch?v=woAiDbGflPc