Künstler | Sick Puppies |
Album | Tri-Polar vs. Polar Opposite |
Label | Virgin |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | ** |
Mutig ist das. Zwei Jahre, nachdem sie mit ihrem zweiten Album Tripolar vor allem in den USA abgeräumt haben, veröffentlichen die Sick Puppies dieselben Lieder noch einmal. Zumindest fast. Denn Tri-Polar vs. Polar Opposite, speziell für den europäischen Markt zusammengestellt und gerade erschienen, bietet zwar sechs Songs von Tripolar. Es gibt aber auch All The Same – das Lied, das den Sick Puppies dank eines Free-Hugs-Videos und entsprechendem Erfolg bei YouTube den Durchbruch gebracht hat. Und dann gibt es Polar Opposite dazu, also dieselben sieben Lieder noch einmal in akustischer Version. Insgesamt macht das 14 Tracks, ein Lied ist jeweils abwechselnd in der Albumversion und dann als Akustik-Take zu hören.
Das zeugt von einigem Selbstbewusstsein und Zutrauen in die Stärke der eigenen Kompositionen. Es zeugt aber auch vom Willen, unbedingt etwas Neues zu machen, modern zu sein. Und modern sind die Sick Puppies ganz ohne Zweifel. YouTube brachte vor fünf Jahren den internationalen Erfolg, seitdem wurden die Videos der Sick Puppies dort mehr als 70 Millionen Mal angeschaut. Dazu kommen eine Million Singles, die nur über Downloads verkauft wurden. Und jede Menge Konzerte – auch das ist angesichts der schwindenden Einnahmequellen beim CD-Verkauf ein Kennzeichen aller modernen Rock-Acts. „Das ist das Wichtigste, was die Leute über uns wissen sollten: Wir sind vor allem eine Liveband“, sagt Drummer Mark Goodwin, der die Sick Puppies komplettierte, als die australischen Gründungsmitglieder Shimon Moore (Gitarre und Gesang) und Emma Anzai (Bass) sich auf nach Kalifornien gemacht hatten, um dort Rockstars zu werden.
„Jede Band braucht eine Art Angelpunkt, etwas, woran man sie festmachen kann. Und wir hatten Glück, denn uns boten sich sehr viele Möglichkeiten. Mehr als manch anderen Bands“, fügt Shimon Moore an. Und davon haben die Sick Puppies reichlich Gebrauch gemacht. Neben dem Online-Siegeszug waren ihre Lieder beispielsweise auch in TV-Serien zu hören. You’re Going Down, das hier den Auftakt macht, ist unter anderem die Titelmelodie für eine Wrestling-Show im US-Fernsehen und auch im Videospiel Street Fighter IV zu hören.
Diese Bezugspunkte zeigen schon: Subtilität kann man von den Sick Puppies nicht erwarten. Und so stellt sich auf Tri-Polar vs. Polar Opposite ein erstaunlicher Effekt ein: Obwohl jedes Lied erst als Rock-Kracher und dann quasi unplugged zu hören ist, klingen die Songs fast gleich. Kein Lied wird schlechter durch das weniger kraftvolle Klangbild, und kaum ein Song wird besser durch die Reduktion.
Stattdessen behalten sie die Stärken und Schwächen, die sie schon in der ursprünglichen Form hatten. Zu den Stärken zählt ganz klar die Power und Eingängigkeit dieser Musik: Man kann hier praktisch jedes Lied schon beim zweiten Hören mitsingen, und man kann, das ist vielleicht noch wichtiger, auch nach reichlich Bier noch mitsingen. Zudem beweisen die Sick Puppies einen cleveren Sinn für Dramatik, wie ihn auch Green Day mittlerweile schätzen (Maybe) und sie haben keine Angst davor, auch mal ganz großes, pathetisches Theater im Sinne von Jimmy Eat World zu machen. Auch die Silversun Pickups lassen einige Male grüßen, vor allem in der neuen Version von All The Same. Zu den Schwächen zählt die enorme Berechenbarkeit von Tri-Polar vs. Polar Opposites: Die Effekte auf dem Gesang nehmen jede Spur von Authentizität, Überraschungen darf man von den Sick Puppies schon gar nicht erwarten.
Das zeigt sich auch in den Neu-Arrangements der Lieder. Die Akustik-Versionen greifen auf die sattsam bekannten Methoden zurück. Ein Lied wird einfach etwas langsamer gespielt (You’re Going Down), es gibt reichlich Streicher (Riptide), einen Kinderchor (Odd One) und für den Rhythmus müssen die Bongos sorgen (White Balloons).
Wer Nickelback noch immer schätzt, wer von Limp Bizkit am liebsten Behind Blue Eyes mag oder sich schlicht wünscht, dass es Bon Jovi noch einmal so richtig krachen lassen würden, der ist hier bestens aufgehoben. Für alle anderen ist das erschreckend eintönig – und konservativ.
Der Kinnbart kann bei dieser Musik niemanden mehr überraschen: Die Sick Puppies spielen eine Akustik-Version von Maybe in Hamburg:
httpv://www.youtube.com/watch?v=AVmn6s0znFg
Ein Gedanke zu “Hingehört: Sick Puppies – „Tri-Polar vs. Polar Opposite“”