Künstler | Snow Patrol | |
Album | Fallen Empires | |
Label | Universal | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
„Jeder Eindruck, den man macht, schafft Feinde. Um populär zu bleiben, muss man mittelmäßig sein“, hat Oscar Wilde einst gesagt. Gut hundert Jahre nach seinem Tod liefern Snow Patrol den vielleicht besten Beweis für diese These ab.
Es gibt wohl nur wenige Leute, die Snow Patrol als ihre absolute Lieblingsband bezeichnen würden. Kaum jemand wird für die Band aus Schottland/Nordirland sterben wollen und die Zahl der weltweiten Snow-Patrol-Tattoos dürfte sich ebenfalls in sehr überschaubarem Rahmen bewegen. Aber es gibt viele, die Snow Patrol ganz okay finden, die die Stimme von Sänger Gary Lightbody mögen oder die sich freuen, wenn im Radio wieder einmal Chasing Cars läuft. Diese Leute lieben dann sicherlich REM, oder sie vergöttern U2. Aber sie mögen auch Snow Patrol. Das reicht immerhin, um Fallen Empires jeweils auf Platz 3 der Charts in England und Deutschland zu befördern.
Für die Band ist das natürlich eine Katastrophe. Jeder Künstler strebt nach Vollendung, Mittelmaß ist tödlich und auch Platz 2 ist nicht genug. Snow Patrol haben lange unter diesem Stigma gelitten, und auch auf Fallen Empires, wie die drei Alben zuvor ebenfalls von Jackknife Lee produziert, sind sie nicht immer frei von der Versuchung, den hämischen Kritiken mit noch mehr Ehrgeiz, Bombast und Brimborium zu begegnen. Songtitel wie The Symphony oder gar Broken Bottles Form A Star (Prelude) lassen jedenfalls Schlimmes befürchten.
Allerdings wird Fallen Empires, das sechste Album der Band, dann doch keine prätentiöse Katastrophe. Mit I’ll Never Let Go beginnt die Platte beinahe zurückhaltend, bevor das Schlagzeug für Dramatik und die Bridge für das nötige Pathos sorgt. Nach gut zwei Minuten kommt dann freilich doch ein „Ohoho“-Chor, und alle, die befürchtet (oder gehofft) hatten, Snow Patrol würden sich vom handwerklich ordentlichen Stadionrock verabschieden, können beruhigt sein. Das erwähnte Broken Bottles Form A Star (Prelude) entpuppt sich als harmloses Outro, The Symphony erweist sich gar als ein Höhepunkt des Albums: Das Lied hat einen kompakten Beat, schwingt sich dann im Refrain auf und bleibt auch danach leidenschaftlich, ohne überkandidelt zu werden (und das trotz erneuter „Ohoho“-Chöre und einer Länge von sechs Minuten), bis eine schräge Gitarre den Schlusspunkt bildet.
Die Vorab-Single Called Out In The Dark kann sich auf einen energischen, guten Groove verlassen, der Titelsong zeigt sich ebenfalls dezent elektronisch. Die zweite Single This Isn’t Everything You Are hat eine sehr schöne Strophe und einen noch schöneren Refrain. Im ebenfalls wunderhübschen Lifening scheint die zentrale Textzeile „This is all I ever wanted from life“ dann sogar fast zum Manifest der beschaulichen Begnügsamkeit zu werden, die Snow-Patrol-Hasser der Band immer vorwerfen.
The Weight Of Love und In The End sind hingegen bloß Snow Patrol by numbers, The Garden Rules bleibt völlig belanglos, obwohl sogar der L.A. Inner City Mass Choir eingesetzt wird. Das Quasi-Instrumental Berlin liefert nur ahaha, Plinkerplonker und Streicher. Das städtische Gegenstück New York hingegen wird eine gelungene Pianoballade, in der all die Leidenschaft (und ein kleines bisschen wohl auch die Wut darüber, sich dafür rechtfertigen zu müssen, dass man sich wohl fühlt in der Mitte der Gesellschaft) eine gelungene Form findet.
Fallen Empires liefert somit viel Solides, manch Rührendes, ein paar Überraschungen. Unterm Strich also: Snow Patrol, so wie man sie kennt. Wenn sie sich irgendwann damit abgefunden haben, dass sie nicht Coldplay sind, können Snow Patrol dieses Urteil vielleicht sogar als Kompliment annehmen.
Pop! Selbstironie! Miniröcke: Das charmante Video zu Called Out In The Dark:
httpv://www.youtube.com/watch?v=UCkzP9k5KtU
3 Gedanken zu “Snow Patrol – „Fallen Empires“”