Hingehört: Spank Rock – „Everything Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar“

Immerhin der Albumtitel des Jahres: "Everything is boring and everyone is a fucking liar".
Immerhin der Albumtitel des Jahres: „Everything is boring and everyone is a fucking liar“.
Künstler Spank Rock
Album Everything Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar
Label Bad Blood Records
Erscheinungsjahr 2011
Bewertung ***

Das Rap-Album des Jahres! Zumindest eine gute Viertelstunde lang muss man das glauben, wenn man das gerade erschienene Everything Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar auflegt. Kein Wunder: Spank Rock, den seine Mama wahrscheinlich weiterhin lieber Naeem Juwan nennt, hatte schon mit seinem 2006er Debüt YoYoYoYoYo die Szene erschüttert und eine Partywelle losgetreten, die von Baltimore aus die ganze Rap- und R’n’B-Szene erreicht hat und noch immer nicht so recht abgeebbt ist.

Der Nachfolger Everything Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar (soll man ihn der Einfachheit halber lieber Eibaeiafl nennen?) ließ fünf Jahre auf sich warten und könnte einen ähnlichen Effekt haben. Denn Spank Rock legt auch mit diesem, größtenteils von Boys Noize produzierten Album die Messlatte verdammt hoch. Vor allem aber beweist er, dass er sich weiterentwickelt hat. Noch immer ist es stilprägend, wie gekonnt er Rap und Electro verschmilzt. Doch diesmal kommen auch Pop-, Funk- und Rockelemente dazu. Und Spank Rock hat mittlerweile auch erkannt, dass das Leben aus mehr besteht als nur Party.

Ta Da ist ein sagenhafter Opener. „A man is not a man if he don’t speak for himself”, predigt Spank Rock da zu einem extrem reduzierten Beat, dann setzt nach 70 Sekunden eine fette E-Gitarre ein. Das reicht, um ein gewichtiges Statement für die folgenden 13 Tracks abzugeben: Hier steckt ganz viel Können drin, ganz viel Ehrgeiz, und auch ein kleines bisschen Augenzwinkern.

Das folgende Nasty (mit Big Freida und Tyette) ist saucool, catchy und fast hysterisch gut gelaunt. Mit dem Car Song (mit Santigold) könnte man problemlos Tote erwecken, so viel Energie steckt drin. Auch The Dance ist so ein Wirbelwind mit ähnlichem Kinderzimmer-Übereifer wie ihn sonst allenfalls Bonaparte an den Tag legen. Und der #1 Hit (produziert von Mark Ronson) ist erst Dancehall und wechselt dann einfach in einen sagenhaften House-Refrain, als sei es das Normalste von der Welt.

Nach knapp der Hälfte von Everything Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar ist man schier umgehauen von der Power und Kreativität, mit der Spank Rock hier zu Werke geht. Das Rap-Album des Jahres hat er trotzdem nicht hinbekommen, und das liegt an der deutlich schwächeren zweiten Hälfte. Vieles ist hier noch ordentlich, aber nichts hat mehr den Killer-Effekt der ersten sechs Tracks.

Race Riot ist ein gutes Beispiel dafür. Beispielsweise auf einem Album der Black Eyed Peas wäre dieser Dancehall-Kracher, der mächtig auf dicke Hose macht, definitiv noch ein Highlight, hier fällt er ab. Turn It Off ist aggressiv, aber eindimensional, auch Hot Potato ist etwas monoton und bei Cool Shit hat man dann wirklich langsam genug von Spank Rocks permanentem Lobpreis der eigenen Großartigkeit, Potenz und Unbesiegbarkeit.

Immerhin aber stößt Spank Rock in der zweiten Hälfte von Everything Is Boring And Everyone Is A Fucking Liar einige neue Türen auf. „I’ll sell my soul / but the devil don’t need it“, beteuert Spank Rock beispielsweise in Baby, und die Musik klingt ebenso durchgeknallt wie diese Textzeile. Wenn man Prince irgendwann in nächster Zeit auf eine strenge Viagra-Diät setzen würde, käme wohl ein ähnlicher Balzgesang heraus. DTF Dadt hat einen extrem nüchternen, beinahe maschinellen Beat und entwickelt daraus einiges an Bedrohlichkeit. Und im famosen Rausschmeißer Energy beeindruckt neben einem Rhythmus, der ähnlich federnd funky ist wie man das bei The Roots schätzt, ausgerechnet der Gesang. „I need your energy“, singt Spank Rock da – und es klingt so überzeugend, als läge er nach einer wochenlangen Folter im Sterben und hätte wirklich nur noch eine einzige Chance auf Rettung. Dass er ein Lügner ist, kann man in diesem Moment voll und ganz ausschließen. Und von Langeweile kann bei Spank Rock bis auf Weiteres auch keine Rede sein.

#1 Hit? Das könnte bei diesem Kracher durchaus klappen, auch wegen des witzigen Videos:

httpv://www.youtube.com/watch?v=2xj5GPxKHmM

Spank Rock bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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