Künstler | Susanne Sundfør |
Album | The Silicone Veil |
Label | Groenland |
Erscheinungsjahr | 2012 |
Bewertung | *** |
Wenn, streng wissenschaftlich, nach den glücklichsten Menschen der Welt gesucht wird, dann taucht Norwegen in solchen Rankings meist sehr weit vorne auf. Susanne Sundfør scheint bei solchen Studien regelmäßig ignoriert zu werden. Die Stimmung der Norwegerin ist weit entfernt von euphorisch, wie ihr fünftes Album The Silicone Veil beweist. Warum ist das Leben eigentlich so scheißkompliziert geworden? Und warum geht die Welt vor die Hunde? Das sind die Fragen, denen die 26-Jährige darauf nachgeht. „Apokalypse, Tod, Liebe und Schnee“, lautet ihre Antwort, wenn man sie nach den Themen von The Silicone Veil fragt.
Passend zu solch universellen Problemen ist die Klangkulisse entsprechend ambitioniert: Neben elektronischen Sounds gibt es Harfen, Tuba oder Röhrenglocken zu hören. Und die Texte lassen kaum Raum für Hoffnung: Das Ende ist nah, die Kirche ist leer, das Meer ist tot. Gefühlen kann man nicht trauen, sogar den Mond hat jemand in Ketten gelegt. Und wenn Rome besungen wird, dann liegt es natürlich in Schutt und Asche.
Schon der beunruhigende Opener Diamonds ist ein gutes Beispiel für diese Methode. Hier herrscht eindeutig Aufruhr unter einer Oberfläche, die alle Kraft aufwenden muss, um den Anschein von Harmonie zu wahren. Später klingt Among Us beinahe wie die B-52’s, wenn sie wüssten, dass sie diesmal wirklich bei der allerletzten Party der Welt spielen (und ihnen schon auf der Fahrt dorthin irgendetwas ziemlich Schreckliches zugestoßen ist).
Eine deprimierende Platte ist The Silicone Veil trotzdem nicht, denn Susanne Sundfør singt durchweg betörend, hat virtuose Streicherarrangements zu bieten (mit Meditations In An Emergency gibt es sogar ein Instrumental-Stück, das im Prinzip moderne Klassik ist) und vor allem Melodien von strahlender Schönheit. Das bereits erwähnte Rome ist geradezu prototypisch: Das Lied beginnt elektronisch und fast experimentell, steht dann ganz im Zeichen des Gesangs (Kate Bush lässt grüßen), um in einem famosen Streicher-Finale zu münden. Can You Feel The Thunder hat die Melancholie und Eleganz der opulentesten Momente von Lana Del Rey. When, das neben der Stimme fast nur auf ein Klavier setzt, ist unfassbar schön gesungen, Und im abschließenden Your Prelude kann man dann zumindest ein kleines Fünkchen Hoffnung heraushören (wenn man den Text ignoriert).
Allzu leichtfertig sollte man aber nicht auf Optimismus hoffen auf diesem Album, das permanent zum Zerreißen gespannt klingt. Auch die Single White Foxes beweist das, die den Sound von Ellie Goulding mit Gesang vereint, der auch von Melanie stammen könnte. Das Video dazu bringt zwei Welten zusammen, die für das gesamte Album wesentlich sind, sagt Sundfør: „die alte Welt, Wälder und Ruinen, und die moderne Welt, Technologie und Silikon. Und alles ist von Schnee bedeckt, genau wie in Die Toten von James Joyce.“ Für ihr Fazit hat sie mit The Silicone Veil den passenden Soundtrack erschaffen: „Wir sind alle isoliert.“
Susanne Sundfør spielt The Silicone Veil live.
httpv://www.youtube.com/watch?v=MTz1aGXL41c
Susanne Sundfør Live:
04.11.12 Köln – Stadtgarten
11.11.12 Ravensburg – Trans4JAZZ Festival
12.11.12 München – Orangehouse
13.11.12 Lausanne – D! Club (mit Sebastien Tellier)
14.11.12 Zürich – Kaufleuten (mit Sebastien Tellier)
2 Gedanken zu “Hingehört: Susanne Sundfør – „The Silicone Veil“”