The Beatles – „Revolver“

Künstler The Beatles

Die Arbeit im Studio war die wirkungsvollste Droge für „Revolver“.
Album Revolver
Label Emi
Erscheinungsjahr 1966
Bewertung

Manche Leute behaupten, dass es die Drogen waren, die den Beatles ab 1965 zu musikalischen Großtaten verhalfen. Und tatsächlich finden sich auf Revolver einige Belege dafür: She Said She Said entstand nach einem LSD-Trip, auf dem Peter Fonda ständig sagte: „I know what it´s like to be dead.“ Auch Doctor Robert verschrieb wohl einige nicht ganz harmlose Pillen. Und mit Got To Get You Into My Life ist nicht etwa eine Frau gemeint, sondern Marihuana.

In Wirklichkeit aber waren es keine Kräuter oder Chemikalien, die den Fab Four ihre kreativen Höhenflüge ermöglichten. Stattdessen hatten sie einfach mehr Erfahrung beim Plattenaufnehmen gesammelt, kannten die technischen Möglichkeiten dabei – und waren eben die ersten, die sie konsequent ausnutzten. „Mehr und mehr kamen im Studio ihre eigenen Ideen zum Tragen. Sie fingen an, mir zu sagen, was sie wollten, und sie drängten mich zu weiteren Ideen und zu Wegen, diese Ideen in die Realität umzusetzen. Sie wollten, dass wir radikalere Sachen machten“, erinnert sich George Martin an die Aufnahmen zu Revolver.

Und radikal waren sie hier in der Tat. Georges Kampfansage an den Taxman etwa: „Should five per cent appear too small / be thankful I don´t take it all.“ Dazu ein abstrakter Rhythmus und virtuose Gitarrenarbeit. Danach darf Paul zum ersten Mal auftrumpfen, wenn auch ganz ohne Gitarren. Eleanor Rigby, vielleicht die Reifeprüfung für die Beatles. Überhaupt hat Paul hier einige seiner größten Songs abgeliefert. Das zuckerwattige Here, There And Everywhere, mit höchstens gestreicheltem Schlagzeug und auch sonst die reine Sanftheit. Das unverwüstliche Yellow Submarine mit George Martins einfallsreichen Hörspiel-Einlagen. Das verspielte Good Day Sunshine mit groovy Klavier, enorm positiv und voller Harmonie. For No One, hervorragend komponiert, perfekt umgesetzt. Und Pauls alte Stärke: Mit ganz einfachen Worten erzeugt er diese bittersüße Stimmung, echte Melancholie. Beeindruckend auch sein Gesang auf Got To Get You Into My Life, fordernd und ungeduldig.

John steht dem natürlich in nichts nach. I´m Only Sleeping zählt zu den Highlights der Platte. Ungemein catchy gelingt auch She Said She Said, das offensichtlich aus zwei Ideen zusammengesetzt wurde, so dass man den Bruch zum „When I was a boy“-Teil ein wenig hört. Nichts auszusetzen gibt es an And Your Bird Can Sing. So optimistisch und vorwärtsdrängend wie eine Klasse Grundschüler, die nach dem Glockenschlag in die Sommerferien stürmt. Paul leistet am Bass wahre Wunder, Ringo macht einfach gleich mit.

George experimentiert auf Love You To wieder mit Sitar-Klängen und auf I Want To Tell You wieder mit komplexen Kompositionen. Zum Schluss experimentieren dann alle. Tomorrow Never Knows mit seinem abgefahrenen Schlagzeug, dem monotonen Bass und all den Bandschleifen, Geräuschen und Stimmeffekten holt die Avantgarde ins Beatles-Universum.
Noch größer, unfassbar.

Ein Interview mit Klaus Voormann, der das legendäre Cover für das Album entworfen hat:

httpv://www.youtube.com/watch?v=dCtiN-SByRU

Die Beatles bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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