Künstler | Beautiful South |
Album | Quench |
Label | Mercury |
Erscheinungsjahr | 1998 |
Bewertung | ***1/2 |
Groovy, groovy, jazzy, funky sind nicht unbedingt die Attribute, die einem als erstes zu The Beautiful South eingefallen wären. Auch nicht als zweites. Doch die hervorstechendste Eigenschaft von Quench ist, dass es viel mehr in die Beine geht als alle anderen Platten der Band.
Der Grund dafür ist nicht schwer zu finden. Paul Heaton hat seinen alten Kumpel aus Housemartins-Zeiten angeheuert. Norman Cook, inzwischen besser bekannt als Fatboy Slim, stand als „rhythm consultant“ zur Seite. Er erfüllte diesen Job unglaublich gut – und subtiler als man zu denken geneigt ist. Statt Big Beats sorgen reichlich Tamburins, Bongos, Triangeln, Pauken und nur ein paar programmierte Einlagen für den richtigen Swing. „Das musikalische Äquivalent zu After Eight“, wie der Rolling Stone die Band einmal genannt hat, kommt also diesmal, um im Bild zu bleiben, wieder mit etwas frischerer Minze daher.
Natürlich gibt es auch wieder jede Menge Schokolade, manchmal sogar etwas zu viel. Dumb zählt zu diesen Fällen, auch Window Shopping For Blinds und I May Be Ugly. Solche vor lauter Schönklang fast schon seichten Songs hat man von The Beautiful South einfach schon zu oft gehört. Bisher hatte das nur selten wirklich gestört, denn meist hatte Paul Heaton zumindest noch in den Texten eine feine Pointe oder einen gekonnten Seitenhieb versteckt. Doch diesmal wirken die Wortspiele bemüht, geht ihm die Luft aus – was angesichts der eingeschränkten Themenwahl auch nicht verwunderlich ist. Fast stets geht es um die Schwierigkeiten der Liebe, das Trinken oder die Kombination von beidem.
Paul Heaton bringt es tatsächlich fertig, einen Song namens The Table zu schreiben, in dem es dann auch noch – um einen Tisch geht. Auch die Romantik, die er in Pockets im Clochard-Dasein zu erkennen glaubt, ist höchst zweifelhaft aus dem Mund eines Mannes, der allein vom Greatest-Hits-Album Carry On Up The Charts über zwei Millionen Exemplare verkauft hat.
Abgesehen von solchen Ausnahmen zeigt die Platte The Beautiful South allerdings auf der Höhe ihres Könnens. Besonders gelungen: das zarte Big Coin als Metapher über Prioritäten im Leben. Perfect 10, das Sahnestück des Albums. Musikalisch vereint es die alten (Ohrwurm-Refrain) und neuen (Mörder-Groove) Qualitäten der Band, textlich ist es eines der wenigen Stücke, die das gewohnte Beautiful-South-Niveau erreichen. The Slide schafft es, Keyboard-Streicher mit einem (echten) Gospelchor zu vereinigen. Losing Things setzt auf Gitarren-Ghostnotes und wird damit fast ein wenig sexy. Beim Schlusspunkt Your Father And I schließlich brillieren Paul Heaton und Jacqueline Abbott wieder einmal in einem Rollenspiel, in dem sich ihre Stimmen perfekt ergänzen.
Paul Heaton weiß, dass seine Band nie mehr hip oder aufregend werden wird, aber dennoch ein unfehlbares Erfolgskonzept hat. So beantwortet er die Frage, warum er mit solcher Musik nicht in Amerika erfolgreich ist: „US radio wants British bands to be new, exciting and vibrant. We are dull and reliable.“ Dazu passt das Urteil des Musikexpress über Quench: „Reifer, trendimmuner, emphatischer und seelenvoller als hier geht Pop fast gar nicht.“ Das ist natürlich übertrieben. Aber alles in allem ist auf The Beautiful South wieder einmal Verlass.
Das Video zu Perfect 10. Schön bunt!:
httpv://www.youtube.com/watch?v=QWjDZkY1ILU
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