Künstler*in | Cardigans | |
Album | First Band On The Moon | |
Label | Stockholm Records | |
Erscheinungsjahr | 1996 | |
Bewertung |
Nehmen wir doch mal an, die NASA oder Reinhold Messner oder sonstwer, der notorisch unterbeschäftigt ist, entdeckt plötzlich Leben auf dem Mond. Kleine, goldene Käfer mit drei azurblauen Augen und nur einem Bein, nicht besonders intelligent, aber musisch ungemein sensibel. Und um den Mondgoldkäfern eine Freude zu machen, beschließt der US-Senat oder der DFB oder sonstwer, der unglaublich viel zu sagen hat, dass man eine Band auf den Erdtrabanten schicken sollte, um dort ein Konzert vor unseren Universumsnachbarn zu geben.
Nun muss natürlich eine schwierige Wahl getroffen werden. Man hat ja damals auch nicht irgendwelche Menschen, Affen und Hunde ins All geschickt, sondern ganz bestimmte Menschen, Affen und Hunde, mit ganz besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten. Welche Band also soll es denn sein, die uns Erdlinge repräsentiert? Eine, die Englisch singt, natürlich, die schick aussieht, nett ist und für manches Abenteuer zu haben: die Cardigans. Warum eigentlich nicht?
Sie könnten jede Menge feiner Melodien mit in ihr Raumschiff packen, gute Laune und gleich noch ein halbes Orchester. Der erste Song des Konzerts wäre Your New Cuckoo, gleich mit Flöten und Streichern und zum Tanzen. Die Mondgoldkäfer würden sich auf ihrem einen Bein lustig bewegen und dann beim nächsten Stück, das Been It heißen könnte, sogar versuchen, ein wenig mit ihren winzig kleinen Köpfen zu wackeln.
Bei Heartbreaker würden sie dann aber ganz schön ihre drei azurblauen Augen verdrehen und sich fragen, wie diese riesenhaften Menschen denn so traurig sein können. Vielleicht liegt es ja daran, dass sie vier Beine haben, aber zwei davon einfach so nutzlos in der Luft herumbaumeln. Dabei versucht die Erdlingsfrau doch so sehr, es ihnen zu erklären: „Vacant and free / yeah, that is me / just tell me how and I´ll please you for free / tell me I´m good / I know I´m bad / lies make me feel fine, although it is sad.“ In Happy Meal II könnten sie dann die Kehrseite der Medaille beschreiben, um das sensible Publikum nicht zu verschrecken. „No one can be / happier than me.“ Bei Never Recover würde die Terra-Band dann richtig Gas geben, und die Mondgoldkäfer würden sich lustig im Kreis drehen, bis sie ganz bescheuert werden davon, nur noch seltsam kakophonische Töne vernehmen und schließlich auf den Rücken fallen.
Auf diesen Moment haben die Erdlinge insgeheim gewartet, denn jetzt können sie ihre Überlegenheit mit Hilfe von Step On Me demonstrieren. „You´ll break that foot that you´re standing on / I´ll walk with the other one.“ Der glorreich erhebende Refrain sorgt unterdessen dafür, dass sich die Mondgoldkäfer mit Hilfe einiger Artgenossen wieder berappeln. Ganz hinten im Saal ist deutlich ein Käferpärchen zu erkennen, das sich bei dieser Hilfsaktion wohl wiedergefunden hat. „I can´t care ´bout anything but you“, sagt der Käfermann, und die Käferfrau sprüht ihm heimlich das Wort Lovefool auf den Panzer.
Vorn wird mittlerweile fleißig Einfuß-Disco-Fox getanzt, und die Käfer-Security hat alle Hände voll zu tun, die Situation unter Kontrolle zu halten. Beim wunderbaren Losers kommen dann aber selbst den hartgesottenen Ordnern die Tränen. Um sie zu trösten, entschließt sich die Band, ihren Coversong Ironman heute nicht in der Black-Sabbath-Version zu spielen, sondern das Stück in eine Art japanischen Lounge-Swing zu verwandeln. Die Text verstehen die Mondgoldkäfer ja ohnehin nicht.
Deshalb werden sie Great Divide auch für ein Lied über eine fröhliche Kindheit oder einen unbeschwerten Sommernachmittag halten, nicht für ein Stück mit der bitteren Erkenntnis, dass es nicht mehr weiter geht. Das halbe Orchester spielt dazu, als hätte es langsam Heimweh nach der Erde und so macht sich die Band an ihr letztes Lied. Längst haben sich alle Mondgoldkäfer in die singende Menschenfrau verliebt (außer dem Lovefool hinten in der Ecke), und auch die Erdlinge haben die Mondbewohner ein wenig lieb gewonnen. Deshalb wird es zum Abschluss in Choke noch einmal richtig dramatisch. „We´ll never have the guts to discover / we´ll choke on it and die…“ Dann steigen die fünf Erdlinge in ihr Raumschiff, dazu jubiliert das halbe Orchester. Und die Mondgoldkäfer klatschen.
Die Morning Benders haben ein ganz wunderbares Cover von Lovefool auf Lager:
httpv://www.youtube.com/watch?v=Dxv2ZpQQhPw
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