The Clash – „London Calling“

Künstler The Clash

Wer nur ein Punk-Album haben möchte, sollte „London Calling“ nehmen.
Album London Calling
Label Columbia
Erscheinungsjahr 1979
Bewertung

In Englands Hauptstadt kann man tatsächlich Ansichtskarten kaufen, auf denen ein tätowierter und gepiercter junger Mann mit Irokesenschnitt und Nietenlederjacke zu sehen ist und auf denen „London Calling“ steht. Doch dieser Art von Punk haben The Clash nie richtig gefallen. Natürlich haben sie einige Pogo-Stücke und definitiv haben sie eine (in ihrer Naivität mitunter bis zur Unerträglichkeit vorgetragene) Punk-Attitüde. Dennoch sind The Clash keine typische Punkband. Denn sie ließen sich nie auf die freiwillige Beschränktheit und die strengen musikalischen Konventionen dieses Genres ein, hielten Augen und Ohren offen, erweiterten ihren Horizont. So fanden Rock, Pop und vor allem Reggae und Ska den Weg in ihre Musik.

Bereits der Titelsong zum Auftakt macht dies klar. Punk ist hier vor allem die Stimme von Joe Strummer, ohne die auch Brand New Cadillac näher an Buddy Holly wäre als an den Ramones. Die hätten auch einen teilweise synkopierten 2/4-Takt wie den von Jimmy Jazz gar nicht hinbekommen. The Card Cheat macht aus dem Riff von I Fought The Law gar eine große Soulnummer.

Wegen dieser musikalischen Vielseitigkeit sind The Clash heute vor allem noch bei solchen Punks beliebt, die irgendwann tatsächlich ihr Studium abgeschlossen haben und heute Englischlehrer, Politikredakteure oder Werbefachleute sind. Sie denken dann bei Krachern wie Hateful, Spanish Bombs oder Revolution Rock an ihre wilde Zeit zurück und können sich ein kleines Grinsen sicher nicht verkneifen. Nicht wegen der Ideale von damals (die sie nie aufgegeben haben, aber inzwischen hoffentlich als das ansehen, was sie eben sind: Ideale), sondern wegen der scheußlichen Klamotten.

An diesem Album hingegen gibt es nichts, wofür man sich im Nachhinein schämen müsste. Die unglaubliche Vocal-Performance von The Right Profile und der IrgendwieAuchSchonDiscoTrack Lost In The Supermarket sind Glanzstücke. Aus der Bass-Line von The Guns Of Brixton wurde gut zehn Jahre später Beats Internationals Dub Be Good To Me, was das Stück ja schon sympathisch macht. Dennoch ist dieser der Track der schwächste auf einem Album mit einem ansonsten schwindelerregend hohen Qualitäts- und Kreativitätslevel. Klassiker im Dutzend.

Wenn jeder Mensch nur ein Punkalbum besitzen dürfte, dann sollte er sich für London Calling entscheiden.

White Riot ist zwar nicht auf London Calling, trotzdem enthält diese Live-Performance eine Menge dessen, was die Essenz von The Clash ist:

httpv://www.youtube.com/watch?v=I9eLeZS9OeY

The Clash bei MySpace.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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