Künstler | The Death Set | |
Album | Michel Poiccard | |
Label | Counter Records | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
Liebe Ohren!
Es tut mir leid. Wirklich. Von Herzen. Aber ihr seid auch ein bisschen selbst schuld. Ständig liegt ihr mir in den, nunja, in euch selbst – und nervt mit dem unterschwelligen Hinweis, ich sollte es doch mal mit etwas anderem versuchen. Nicht immer dieselbe Indiepoprockmucke spielen, sondern euch auch mal etwas Experimentellem, Exotischem, Unkonventionellem aussetzen. Endlich mal eine Band hören, die keinen Geschmack hat zumindest vorgibt, dass sie die Beatles zum Kotzen findet. Einfach mal einen Tag lang Ministry hören. Oder wenigstens Radiohead. Oder euch womöglich sogar ein bisschen Ruhe gönnen.
Das habt ihr nun davon. Da lege ich also eine Platte auf, deren Cover eine nackte Frau mit Aliengesicht zeigt. Eine Platte, die mit den Worten beginnt „I wanna take this tape and blow up ya fuckin’ stereo“, gesprochen von Beau Velasco – einem Mann, der an einer Überdosis Drogen starb, kurz nachdem er diese Worte gesprochen hatte. Eine Platte, in deren Pressetext die Worte „Analverkehr“, „riesige Ecstacy-Gelage“, „zerschmettertes Equipment“, „Ritalin“ und „wütende Promoter“ enthält. Eine Platte, die der geschätzte NME als „the sort of chorus-heavy stoopid punk-rock record that makes you want to punch children in their silly faces“ kategorisiert hat. Und was haben wir davon? Nichts.
Außer der Erkenntnis, dass es in den USA noch immer als Talent gilt, das zu zerstören, was andere Leute mit ihrem Talent erdacht, geschaffen und etabliert haben. The Death Set, eigentlich Australier, aber mittlerweile in Baltimore zuhause, liefern mit Michael Poiccard einen weiteren Beweis dafür. Und das ist wirklich kein Spaß.
Slap Slap Slap Pound Up Down Snap klingt, als würden The Prodigy mit den sehr frühen Beastie Boys um einen Proberaum kämpfen. Chew It Like A Gun Gum führt vor Augen, Verzeihung: Ohren, wie es klingen könnte, wenn Atari Teenage Riot jemals ein Lied von Avril Lavigne covern sollten. A Problem Is A Problem It Don’t Matter Where You From eifert den Klangterroristen von Bonaparte nach. Wenn Blink 182 die Worte “Lo Fi” buchstabieren könnten, käme wohl so etwas dabei heraus wie It’s Another Day.
Und das sind noch die kurzweiligeren Momente auf Michel Poiccard. Anderes ist hohler Punk, angereichert durch Pseudo-Techno-Effekte (We Are Going Anywhere Man), eine Zeile auf ein ganzes Lied ausgedehnt (I Been Searching For This Song Called Fashion) oder 08/15-Noisecore, der auch nicht besser wird, wenn The Death Set den Song mit Poser-Gelaber über Pussies beginnen (I Like The Wrong Way, das ist die Nummer mit dem Analverkehr).
I Miss You Beau Velasco ist gar nichts, nicht mal die Keimzelle von einem Lied. Too Much Fun For Regrets ist nicht nur mächtig schlecht gelaunt, sondern auch mächtig schlecht. Yo David Chase! You P.O.V. Shot Me In The Head ist so uninspiriert, dass sogar 67 Sekunden deutlich zu lang für dieses Stück sind (wer sich selbst überzeugen möchte: hier gibt es den Song, eine Zusammenarbeit mit Diplo, zum kostenlosen Download).
Mit albernen Posen, halbgaren Effekten und psdeuo-ironischen Liedtiteln können The Death Set vielleicht ein paar orientierungslose Teenager beeindrucken. Alle anderen werden hier hoffentlich merken, dass all das nur dient, um von mangelnder Substanz abzulenken. Und in Ohren auf aller Welt wieder die Sehnsucht nach ein bisschen Indiepoprockmucke zu wecken.
Das Video zu Slap Slap Slap Pound Up Down Snap ist so etwas wie Jackass für Fortgeschrittene:
httpv://www.youtube.com/watch?v=IlX6ClGXtXY
The Death Set gibt es im November live in Deutschland. Die Tourdaten:
05.11.2011: Stadthalle (Offenbach) 07.11.2011: Osnabrückhalle (Osnabrück) 08.11.2011: MUK (Lübeck) 11.11.2011: Messehalle (Trier) 12.11.2011: Siegerlandhalle (Siegen) 14.11.2011: Kongresshalle (Oldenburg) 15.11.2011: Stadthalle (Rostock) 17.11.2011: Neue Stadthalle (Zwickau) 19.11.2011: Zäpfleclub in der Rothaus Arena (Freiburg) 22.11.2011: Harmonie (Heilbronn) 23.11.2011: S.Oliver Arena (Würzburg) 27.11.2011: Stadthalle (Fürth) 29.11.2011: Stadthalle (Magdeburg) 30.11.2011: Messehalle 2 (Cottbus) 02.12.2011: Palladium (Köln) 03.12.2011: Lokhalle (Göttingen) 05.12.2011: Stadthalle (Braunschweig) 07.12.2011: Grugahalle (Essen) 10.12.2011: Max Schmeling Halle (Berlin) The Death Set bei MySpace.