Künstler | The Ruby Suns |
Album | Christopher |
Label | Memphis Industries |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Bewertung |
„Für Naturen wie die meine, die sich gerne festsetzen und die wichtigen Dinge festhalten, ist eine Reise unschätzbar; sie berichtigt, belehrt und bildet.“
Diese schöne Erkenntnis hat Johann Wolfgang von Goethe 1797 in einem Brief an Friedrich Schiller formuliert. Ich bin natürlich weit davon entfernt, Ryan McPhun – den Mann, der einhundert Prozent der Musik der Ruby Suns schreibt und grob geschätzte 33 Prozent ihrer Besetzung ausmacht – mit Goethe zu vergleichen. Aber wie prägend das Reisen sein kann, davon kann McPhun definitiv auch ein Lied singen. Oder im Falle von Christopher, dem vierten Album der Ruby Suns, sogar gleich zehn.
Denn zuerst zog McPhun aus seiner kalifornischen Heimat nach Neuseeland, wo er die Ruby Suns gründete. Im Winter 2010 hatte er dann genug von seiner Wahlheimat und siedelte nach Norwegen über, um neue Kraft zu schöpfen. Dort entstand der größte Teil von Christopher (der Albumtitel ist “part of an Auckland-based inside joke”, erklärt McPhun). Man kann das unstete Wesen eines Herumtreibers durchaus erkennen in dieser Platte, auch wenn man diese Hintergründe nicht kennt: Alles auf Christopher schwebt, gleitet und segelt durch den Äther. Rush, das sich mit einem bouncenden Bass irgendwo zwischen The Temper Trap und Everything Everything einnistet, und das folgende Jump In, ein eher muskuköser und zupackender Moment, deuten die Reiselust auch mit ihren Titeln an.
Auch der Opener Desert Of Pop, zugleich das beste Lied auf Christopher, wäre ohne Reisen niemals möglich gewesen. Das Lied handelt von dem Moment, in dem Ryan McPhun bei einem Festival in Köln kurz das Vergnügen hatte, Robyn zu begegnen. Er scheint sich sofort verknallt zu haben angesichts der Zeilen, die er für die Schwedin gedichtet hat: „Flower among the leaves is what you are / cold glass of water in the desert of pop.“ Auch der Drumcomputer scheint in einen Liebesrausch verfallen zu sein, der Rest klingt wie die Schnittmenge aus Zoot Woman und den Pet Shop Boys.
Fast alles ist bei den Ruby Suns synthetisch erzeugt, Effekte sind ebenso gerne genommen wie Eighties-Referenzen und eine entspannte, leichte Atmosphäre. Eine gefilterte Gitarre ist (neben der Zeile „I’m not ready fort he real life“) das markanteste an In Real Life. Komplex und dabei sehr gekonnt wird Boy, das sehr hübsche Heart Attack setzt auf einen Latin-Rhythmus, Starlight ist so etwas wie House für die Chillout-Zone.
Manche Lieder, wie Futon Fortress oder Kingfisher Call Me (das fast nur aus der Beschwörung „Dry your eyes“ zu bestehen scheint) sind für sich genommen ein bisschen arg mellow oder sogar tendenziell öde. Aber als Ganzes ist Christopher durchaus gefällig – fluffig im besten Sinne.
The Ruby Suns spielen In Real Life. Live.
httpv://www.youtube.com/watch?v=PxRdy5MaJEs