Künstler | The Sand Band |
Album | All Through The Night |
Label | Deltasonic |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Bewertung | **1/2 |
Willkommen im Reich der Täuschung. Das fängt hier schon beim Namen an. The Sand Band sind angeblich ein Quintett aus Liverpool. Doch ihre Lieder klingen wie von einem Solokünstler eingespielt, ganz allein.
All Through The Night heißt ihr Debütalbum. Da könnte man Prahlerei mit sexueller Potenz vermuten (Rick James?) oder ein Konzeptalbum rund um eine ausschweifende Partynacht (Rick James!). Doch die Lieder stecken stattdessen voller Wehmut und Sehnsucht. „A broken heart is like a broken door / you gotta fix it straight away / or it will work no more“, heißen die ersten Textzeilen auf All Through The Night, und das gibt thematisch die Richtung vor.
Doch nicht nur an der Oberfläche offenbart The Sand Band solche Widersprüche. David McDonnell (Gitarre, Gesang), der schon für Richard Ashcroft und The Coral gespielt hat, träumte schon lange davon, zusammen mit seinem Freund Scott Marmion (Pedal Steel) die gemeinsamen musikalischen Vorlieben in einem eigenständigen Projekt auszuleben. Und All Through The Night steckt nun voller Tricks und Finten.
Mit zartem Picking und Vogelgezwitscher entwirft Song That Sorrow Sings eine sonnige Klanglandschaft, wie sie auch Simon & Garfunkel nicht strahlender hinbekommen hätten. Doch dann macht der Text klar, dass von Heiterkeit hier keine Rede sein kann. „I’ll take the pain that love may bring / to hear the song that sorrow sings“, singt David McDonnell mit seiner Stimme, die an David Birde (Brainpool) und gelegentlich auch an Tom Petty erinnert. Es klingt, als würde er die Zeilen mit letzter Kraft herausbekommen.
Burn This House beginnt ebenfalls ganz harmlos, mit Akustik-Gitarre, einer sanften Orgel und zweistimmigem Gesang. Doch der Text erweist sich als eine Brandrede gegen die Scheinheiligkeit, gipfelnd in der Drohung: „I’m gonna burn this house to the ground someday.“
Auch The Secret Chord hat diesen beinahe religiösen Ernst. „This is where it ends / at least I love you still / now I’ve got nothing left to lose“, lautet die verbitterte Erkenntnis von If This Is Where It Ends. Dann schlägt am Ende von The Gift & The Curse eine E-Gitarre mit jedem Akkord immer neue Wunden in bereits blutendes Fleisch.
Ganz viel Hall durchweht diese Lieder – so macht jeder Ton deutlich, dass die Erinnerung hier eine Marter ist, der niemand entrinnen kann. Die höchst spartanische Instrumentierung passt zu dieser untröstlichen Grundstimmung: Zwar gibt es manchmal ein paar rückwärts laufende Takte (To Be Where You Are) oder etwas, das wie eine Unterwasserorgel klingt (Open Your Wings). Im Outro erklingt gar eine sonore Stimme, die zum Tiefschlaf auffordert wie auf einer Entspannungs-CD für gestresste Manager. Doch im Prinzip ist alles auf All Through The Night bloß Gitarre und Gesang.
Genau darin liegt der Schlüssel, dass so viel Niedergeschlagenheit erträglich bleibt. Hier wird nicht geprotzt und lamentiert, sondern im Stillen gelitten, sehr reduziert. Das macht die Lieder der Sand Band nicht aufregend, aber sehr glaubwürdig – und niemals wehleidig. In Open Your Wings funktioniert das am besten. Es ist ein zum Heulen schönes Liebeslied im Stile der Band Of Horses. Und es bietet das, was bei der Sand Band ganz dringend gebraucht wird: Trost. „I know you’ve been alone / and sometimes your heart aches / so I’ll wrap myself around / so it never breaks.“
Das Video zu To Be Where You Are beweist: The Sand Band sind wirklich mehr als nur eine Person. Und auch in Liverpool liegt manchmal Schnee:
httpv://www.youtube.com/watch?v=fRH8P1a_8WM
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