Künstler | The Strokes | |
Album | First Impressions Of Earth | |
Label | RCA | |
Erscheinungsjahr | 2006 | |
Bewertung |
Der erste Eindruck war schon immer eine Stärke der Strokes. Die Vorab-Singles: stets wunderbare Teaser, die neugierig und euphorisch machten. Die Album-Opener: niemals weniger als ein Manifest. Doch diesmal, auf First Impressions Of Earth, haben sie sich selbst übertroffen.
You Only Live Once eröffnet den dritten Longplayer, und es ist schlicht der beste Song, den die fünf New Yorker je gemacht haben. Ein in alle Richtungen ausgreifendes Schlagzeug von Fab Moretti, feine Triolen auf der Gitarre von Nick Valensi, ein kongeniales Solo von Albert Hammond Jr., Melodie und Beat streiten 189 Sekunden lang darum, wer nun eingängiger ist. Und dazu dieser Gesang, der nur eine Frage auslöst: Was ist eigentlich mit Julian Casablancas passiert?
Die Antwort liefert Juice Box: Jemand hat den Eisblock geschmolzen. „You’re so cold“ stellt der Sänger nun sogar immer wieder erschreckt fest. Er hat die Sonnenbrille abgenommen und die Handschuhe ausgezogen, er hat nun keine Scheu mehr, sich zu zeigen und ins Zeug zu legen. Und so begleitet er den Monster-Bass, der aus einer amerikanischen Cop-Serie zu stammen scheint, mit einer Stimme voller Feuer, Schmerz und – jawohl – Leidenschaft. In Fear Of Sleep schreit er gar, geht aus sich heraus und klagt an: „You’re no fun“.
Das sind also die neuen Strokes: Sie klingen noch immer nicht motiviert, aber sie sind nun konzentriert und ehrgeizig. Sie haben kein Problem damit, allen zu zeigen, was sie gelernt haben. „Work hard, play hard“, hat Julian als neue Devise ausgegeben.
Die Strokes-Sound 3.0 ist deshalb nicht mehr absichtlich hingerotzt wie auf Is This It, sondern fein durchdacht, klar gegliedert und toll gespielt. Das gilt für die Disco-Andeutungen auf On The Other Side, die komplexen Melodiosität von Red Light, den offensiven Breitwand-Sound von Electricityscape oder die Metal-Referenzen von Heart In A Cage (die Sologitarre und das Tom- und Becken-lastige Schlagzeug).
Kopfschütteln der anderen Art ruft Razorblade hervor, das ziemlich unverfroren Bary Manilows Mandy zitiert. Ask Me Anything verzichtet gar komplett auf Gitarren und Drums, das Eleanor Rigby der Strokes. Eine rabiate Rasanz wie die besten Stücke auf Room On Fire entwickelt 15 Minutes, inklusive einer sehr patenten Pogues-Imitation.
Natürlich ist das noch weit weg von Introspektion oder gar Seelenschau. Die Texte bleiben gewohnt enigmatisch, Coolness muss nach wie vor die Herangehensweise und das Fundament sein. Aber die Strokes haben erkannt, dass es man durch sture Wiederholung einer einstmals rätselhaften Formel nicht besonders undurchschaubar und geheimnisvoll bleibt. Sondern durch Überraschung.
Tatsächlich ohne Handschuh und Sonnenbrille, und auch sonst perfekt: You Only Live Once, live bei Jools Holland:
httpv://www.youtube.com/watch?v=3bsDSrBBssQ
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