Künstler | The Teenagers | |
Album | Reality Check | |
Label | XL Recordings | |
Erscheinungsjahr | 2008 | |
Bewertung |
Die Franzosen sind ein durch und durch verdorbenes Volk. Ihre First Lady (Carla Bruni, auch wenn die gebürtige Italienerin ist, was nichts entschuldigt) ist eine bekennende Polygamistin. Ihr bekanntester Schriftsteller (Michel Houellebecq, dem auf dieser Platte ausdrücklich für seine Inspiration gedankt wird) ist ein frustrierter Lüstling. Und ihr bis heute größter Rockstar (der unsterbliche Serge Gainsbourg) hatte seinen spektakulärsten Erfolg mit einer Platte, die der Vatikan als „beschämende Obszönität“ empfand.
Kein Wunder also, dass Reality Check, das Debüt der Teenagers aus Paris, nicht gerade züchtig daherkommt. Im Gegenteil: Es wimmelt hier von den Themen, Träumen und Tätigkeiten, für die die Engländer den schönen Begriff sleaze erfunden haben. Beinahe-Inzest, spontaner Sex und sogar die Ferkel von Blink 182 sind alle gleich im ersten Lied Homecoming vertreten.
Starlett Johansson ist ein unverhohlener Annäherungsversuch an die Hollywood-Schönheit, samt dem Versprechen, das Objekt der Begierde nicht für sich allein zu beanspruchen. Natürlich darf dabei auch ein French Kiss nicht fehlen, der hier klingt, als würden Air und Weezer aneinandergeraten. Das düstere Fuck Nicole dreht sich ums Komasaufen, das schmerzhaft authentische Sunset Beach behandelt die Folgen.
Diese Platte ist so schlüpfrig und schmutzig wie eine Boulevardzeitung. Dass sie nicht auch so flüchtig und belanglos ist, hat sie vor allem der Begeisterung der Teenagers zu verdanken. Musikalisch ist das alles todschick, aber – wenn man all den MySpace-Rummel erst einmal abgezogen hat – nicht sonderlich aufregend. Die Beats erinnern an Dancepop der frühen 1990er, die Keyboards an die Pet Shop Boys zu ihren besten Zeiten und die Gitarren sind ebenfalls weit von Virtuosität entfernt.
Doch das Amateurhafte des Trios stört nicht. Als Kompensation gibt es hier nämlich tolle Ideen (das herrlich ausgelassene Streets Of Paris), tolle Zitate (vor allem im schlauen Wheel Of Fortune, wobei die Bandbreite von Beverly Hills 90210 bis zu Michael Jackson reicht) und reichlich Enthusiasmus, wie es im programmatischen und ganz und gar großartigen Feeling Better auf den Punkt gebracht wird: „Who’s there for you when you’re cold and alone? / The Teenagers, The Teenagers / you’re playing our songs and you’re dancing alone / you’re feeling better.“
Fehlendes Können wird hier, ganz ähnlich wie bei den geistesverwandten Art Brut, einfach durch Euphorie und Leidenschaft wettgemacht. Und in diesen beiden Disziplinen sind die Franzosen bekanntermaßen unschlagbar.
Den Clip zum fantastischen Feeling Better haben die Teenagers-Fans beigesteuert:
httpv://www.youtube.com/watch?v=ckaBdIHlIqo
3 Gedanken zu “The Teenagers – „Reality Check“”