The Thiams – „Ko Ok“

Künstler*in The Thiams

Eleganz, Liebe und Können sind die wichtigsten Werte auf "Ko Ok".
Eleganz, Liebe und Können sind die wichtigsten Werte auf „Ko Ok“.
Album Ko Ok
Label Ko Ok Entertainment
Erscheinungsjahr 2013
Bewertung

Vielleicht, vielleicht hätte N’gone Thiam so etwas werden können wie der weibliche Xavier Naidoo. Wie der bekennende Sohn Mannheims hat auch sie große Freude an der schwarzen Musik, auf der ganzen Bandbreite von Soul bis HipHop. Wie er hat sie sich ihre ersten Meriten mit Backgroundgesang verdient (unter anderem für Seal, Mando Diao und Jan Delay, bei dem sie dann als Mitglied von Disko No. 1 gar nicht mehr so weit back im Background war). Und wie Naidoo verfügt auch sie über eine sagenhafte Stimme.

Aber sie wollte wohl weder ständig von der Erlösung singen („I believe in good love for eternity“, heißt stattdessen das hier an einer Stelle besungene Glaubensbekenntnis) noch für den ganz großen Durchbruch auf einen Gastauftritt bei Sabrina Setlur warten. Deshalb hat sie sich mit ihrer Schwester Boussa (im Hauptberuf Moderatorin bei Radio Energy Berlin) zusammengetan, mit der sie schon seit zehn Jahren gemeinsam musiziert. Als The Thiams legen sie nun mit Ko Ok ein äußerst angenehmes Debütalbum vor.

„Come down and relax a while / I know what’s on your mind / and it’s alright”, beginnt Big Chair, das dritte Lied der Platte, mit Bläsern und kokettem Gesang à la Vanessa Paradis, und diese Zeilen entsprechen genau der Atmosphäre, die hier herrscht. Wohlklang ist angesagt, es darf gerne geschmeichelt werden und sogar geschmust.

That Song illustriert das wunderbar, als toll gesungene Pianoballade. Nature ist ähnlich lässig und sexy wie die besten Momente von En Vogue – mit dem hier besungenen Ruf der Natur könnte ebenso ein Spaziergang ins verlockende Grüne gemeint sein wie die unwiderstehliche Kraft der Hormone. Kurz vor Schluss wird der Beatles-Schmachtfetzen Oh Darling! mit mächtig Soul-Leidenschaft aufgeladen. Cookie ist ein unfassbar selbstbewusstes und elegantes Liebeslied und ein Schlusspunkt, wie ihn nur echte Ladys setzen können.

The Thiams können aber auch Gas geben, wenn es sein muss. „Zwei Schwestern machen Krach in jedem Herzen“, heißt schließlich ihr Motto. Good News hat dementsprechend mächtig Punch. Der Opener Mercury ist kraftvoll im Stile der flotteren Sugababes-Stücke und wartet sogar mir einem Hardrock-Gitarrensolo auf (von Jerry Schmidt Jr., der das Album auch produziert hat). No Loosers erinnert mit seiner jazzigen Atmosphäre, dem komplexen Beat und dem Zusammenspiel der Stimmen von N’gone und Boussa Thiam nicht nur ein bisschen an TLC. Der Titelsong ist komplex, opulent und verspielt wie ein Musicalbeitrag. Mit Say Yeah Yeah gibt es zudem noch ein feuriges James-Brown-Cover.

Dass Ko Ok in Berlin, der Heimatstadt der Thiams, aufgenommen wurde und nicht in New Orleans, Memphis oder Atlanta, will man spätestens beim akustischen The Whatever nicht mehr glauben. Das Lied wird herrlich organisch und scheint fast privaten Charakter zu haben, als würden ein paar (sehr talentierte) Freunde sich zur Hausmusik treffen.

Nicht alle Lieder sind so rund, insgesamt fehlen ein paar Ecken und Kanten. Manchmal sorgt die Kompetenz aller Beteiligten auf Ko Ok auch dafür, dass die Songs ein bisschen zu sehr in die Nähe von Schema F geraten wie Every Single Day, das mit seiner Gesangsakrobatik (nur begleitet von einer Gitarre und ein paar Orgeltönen) zumindest für all jene nervig werden könnte, die gerade keinen Liebeskummer haben. Aber auch dann gerät keines dieser 13 Stücke herz- oder lieblos.

Mit dem fast zwölfminütigen Silence gibt es zudem noch einen absoluten Kracher. Der Song beginnt als Reggae, dann gibt es einen Dancehall-Teil inklusive eines Auftritts von Rapper Mello, danach viel afrikanische Ausgelassenheit. Eine Soul-Oper könnte man das Ganze nennen. Da dürfte man sich nicht wundern, wenn demnächst Jan Delay im Hintergrund steht – um diesen beiden Soul-Sisters zu applaudieren.

Der Dreh zum Video von No Loosers dürfte richtig Spaß gemacht haben:

httpv://www.youtube.com/watch?v=adMlc7ff47Q

Homepage von The Thiams.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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