Künstler | The White Stripes | |
Album | Elephant | |
Label | XL Recordings | |
Erscheinungsjahr | 2003 | |
Bewertung |
Was hatten sie nicht alle gewartet, geschrien, gelobt. „Everybody seems to like them, from teenage moshers to grumpy fortysomethings given to dismissing modern music with a jaded frown. No band since Oasis has achieved such blanket approval“, hatte der Guardian festgestellt. „The undisputed king and queen of the new garage movement“ hatte der Rolling Stone ausgemacht. Der NME reihte Elephant unter den 100 besten Alben aller Zeiten ein (vier Wochen, bevor die Scheibe überhaupt veröffentlicht war) und schrieb dann auch gleich mal von „some of the most obliteratingly brilliant rock’n’roll of our time“. Die Platten der White Stripes seien „aggressive and tortured as an early morning journey to work“ und ihr Sound am besten mit „Muddy Waters meets Led Zeppelin“ zusammengefasst, posaunte sogar die sonst eher schüchterne BBC.
So etwas macht ja skeptisch. Noch dazu diese perfekte Ästhetik, die Inzest-Gerüchte, gar die Rückkehr des Blues! Ein bisschen too good to be true, das alles. Dann legt man Elephant auf – und es bleibt einem die Luft weg: Oh mein Gott, es ist alles wahr!
Am Anfang steht ein Riff, so unmittelbar wie Rock sein muss, und so roh wie die ganze Platte. Jack White spielt Gitarre (sie klingt wie ein Bass), dann kommen Megs Drums und der Gesang dazu. Dann Stopp, dann von vorne. Seven Nation Army ist ganz einfach konstruiert, fast mathematisch genau aufgebaut wie vieles auf Elephant, und dabei doch von einer unbeschreiblichen Wucht. Seit You Really Got Me meint man nicht mehr solch ein Riff gehört zu haben. Das stimmt vielleicht nicht, aber man glaubt es. Diese Musik klingt kräftig und frisch und aufregend, und das ist schließlich alles, worum es geht.
Die Bezugsgrößen bleiben so alt und gut wie das Equipment (das modernste Teil im Studio war Baujahr 1963): Black Math kommt daher wie ein Tornado und saugt Marc Bolan gleich mit ein. Led Zeppelin lassen (nicht nur) in There’s No Home For You Here grüßen. Bei In The Cold, Cold Night schlüft Meg ins Brenda-Lee-Kostüm, ganz minimalistisch zu fast nur Gitarre.
Auch Jack White tritt später einmal balladierend auf, und You’ve Got Her In Your Pocket ist ebenfalls perfekt platziert, um die Spannung immer noch ein wenig zu steigern – dazu ist der Song ohnehin ganz und gar bezaubernd, ohne sich im Geringsten für Donovan- oder gar Cat-Stevens-Parallelen schämen zu wollen. Ball And Biscuit ist blues as blues can, nimmt herrlich viel Anlauf, verliert am Ende aber leider den Faden und wird auch durch die (zugegebenermaßen beeindruckende) Gitarrenarbeit nicht mehr gerettet. Es bleibt der einzige Song auf Elephant, der nicht perfekt ist.
I Want To Be The Boy To Warm Your Mother’s Heart und The Air Near My Fingers profitieren enorm von Megs unfassbarem Schlagzeug. Sie mag den Takt nicht halten, aber sie hat Swing und Punch und ein untrügliches Gespür für den Song. Tatsächlich spielt sie ihre Drums wie eine Gitarre – genau wie Jack seine sechs Saiten nicht selten wie ein Schlagzeug behandelt.
I Just Don’t Know What To Do With Myself ist nicht nur ein Spruch, den man unbedingt auf T-Shirts drucken sollte, sondern auch eine klasse Coverversion des Dusty-Springfield-Stücks, die Theatralik und Authenzität vereint. The Hardest Button To Button ist fast schon brutal schlicht und enorm wirkungsvoll, Hypnotize noch straighter und besser. Girl, You Have No Faith In Medicine hat dann schon wieder so ein Klassiker-Riff, dazu läuft ein Tambourine Amok und Jack White gibt alles (was eine Menge ist).
Man kann die White Stripes wirklich nicht dafür hassen, dass sie so gut sind, und dass die Leute das auch noch gemerkt haben. Der NME konstatiert genau so überrascht wie richtig: „If the White Stripes hadn’t become superstars, Elephant would probably sound pretty much like this.“ Believe the Hype!
Schlicht göttlich: Kate Moss räkelt sich durch das Video zu I Just Don’t Know What To Do With Myself:
httpv://www.youtube.com/watch?v=RFKUGk-m5Hg
6 Gedanken zu “The White Stripes – „Elephant“”