Künstler*in | Unknown Mortal Orchestra | |
Album | II | |
Label | Jagjaguwar | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Bewertung |
Das Cover von II, dem (ha!) zweiten Album von Unknown Mortal Orchestra, zeigt Janet Farrar. Sie steht auf einem Felsen, trägt nichts als ein Kleid, das aus einem ziemlich luftigen Moskitonetz zu bestehen scheint, und deutet mit einem Schwert in ihre Blickrichtung, nach rechts oben. Ungefähr in die Richtung, aus der wohl gerade die Sonne scheint, wenn man ihre geschlossenen Augen und ihren Schatten als Indizien dafür werten kann.
Janet Farrar, Jahrgang 1950, ist so etwas wie die berühmteste lebende Hexe Britanniens. Sie hat selbst mehrere Wicca-Rituale erfunden. Sie trägt gerne eine Krone und trinkt bevorzugt aus goldenen Kelchen. Und sie lebte sieben Jahre lang in einer Gruppenehe mit zwei Männern.
Das mag vielleicht spinnert sein, ist aber nicht halb so spinnert wie die Musik von Ruban Nielson (ehemals Mint Chicks), dem Mann, der das Unknown Mortal Orchestra ist. Geschrieben hat er das Album auf Tour, „inmitten von emotionalem Chaos“, wie er sagt. Und der Sound ist entsprechend abgefahren.
Der Opener From The Sun (vielleicht ein Bezug zum Albumcover?) klingt mit akustischer Gitarre, viel Wah-Wah und Hippiegefühl nach den 1970er Jahren und der amerikanischen Westküste – falls jemand die vorher komplett unter Wasser gesetzt hätte. Fast folgerichtig heißt der nächste Track dann Swim And Sleep (Like A Shark). Schlagzeug und Gitarre haben da schon deutlich mehr Kraft getankt, die Byrds, Love oder Buffalo Springfield sind passende Bezugspunkte.
Später wird No Need For A Leader noch ein bisschen muskulöser. Hier zahlt sich am meisten aus, dass Ruban Nielson diesmal nicht wie auf dem ersten Unknown-Mortal-Orchestra-Album auf elektronische Percussions setzt, sondern zur Unterstützung mit Greg Rogove einen Drummer ins Boot geholt hat (aus dessen Nachnamen man tatsächlich das Wort „Groove“ bilden kann). Der Track hat mit treibendem Beat und feinem Bass durchaus die Power von Led Zeppelin, klingt aber, als würden die auf einem sich immer weiter entfernenden Güterzug spielen. Faded In The Morning hat ebenfalls ein sattes Fundament aus Groove, diesmal eher wie die back-to-the-roots-Ansätze der späten Beatles.
Bei diesen Referenzen muss jetzt natürlich endlich das Wort „retro“ fallen, und es hat selten besser gepasst als hier. One At A Time ist funky im Stile des ersten Albums von Lenny Kravitz. In The Opposite Of Afternoon kämpft irgendetwas um Modernität (vielleicht das Schlagzeug?), aber es hat keine Chance gegen diesen Gesang, den man fast „groovy“ nennen möchte.
Das beste Lied auf II ist das sanfte So Good At Being In Trouble, es vereint die sexy Heiserkeit von Terence Trent D’Arby mit der verführerischen Souveränität von Ben Harper. Ganz einfache Mittel (wie die zentrale Textzeile „She was so good at being in trouble / so bad at being in love“) fügen sich hier kongenial ineinander, das Ergebnis ist famos.
Auch Monki wird ein Highlight: Der Song schleicht sich an, aber nicht wie ein Gangster, der Angst hat, erwischt zu werden, sondern wie eine Raubkatze, die jederzeit mit mörderischer Präzision zuschlagen kann. Die Aggressivität bricht sich dann in diesem Lied trotz einer Spielzeit von gut sieben Minuten doch nicht Bahn, aber das macht das Stück nur umso bedrohlicher.
Am meisten profitiert II von Ruban Nielsons virtuoser Gitarrenarbeit: Oft geht eine Gitarre mit ganz filigranem Picking zu Werke, gelegentlich unterbrochen durch eine zweite mit deutlich krachigeren Akkorden. Einzelne Gitarrenfiguren tauchen in verschiedenen Tracks auf und bilden so Leitmotive für das Album. Dazu kommt hübscher Harmoniegesang und insgesamt ein Einfallsreichtum, der nach viel Spaß beim Machen klingt – und auch das Hören zum Vergnügen macht.
So Good At Being In Trouble, live eingespielt für einen Radiosender in Portland:
httpv://www.youtube.com/watch?v=kkqWGSQ6MUA