Künstler | Zaz |
Album | Recto Verso |
Label | Sony |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Bewertung |
Es ist eine ziemlich erstaunliche Erfolgsgeschichte, die Zaz mit ihrem gleichnamigen Debütalbum hingelegt hat. In ihrem Heimatland Frankreich erreichte Isabelle Geffroy (so der eigentliche Name der ehemaligen Straßenmusikerin) damit die Spitze der Hitparade, was schon beachtlich genug ist. In Deutschland stieg die Platte im Herbst 2010 auf Platz 51 der Charts ein, was nur einem Bruchteil aller Veröffentlichungen aus dem Land unserer Nachbarn überhaupt gelingt. Doch dann entwickelte sich Zaz auch noch zu einem spektakulären Dauerbrenner: Insgesamt 105 Wochen hielt sich die Platte in den deutschen Charts, im September 2011 – also ein knappes Jahr nach dem ersten Auftauchen hierzulande – stand sie auf Platz 3. Eine halbe Million Exemplare wurden verkauft, das bedeutet Doppelplatinstatus.
Es ist nicht allzu schwer zu erklären, worin dabei das Erfolgsgeheimnis von Zaz liegt: Die 33-Jährige steht nicht nur für gute, mitunter virtuose Popmusik und ein Talent als außergewöhnliche Sängerin und Entertainerin, sondern für ein Lebensgefühl. Für alles, worum wir Frankreich beneiden. Für savoir vivre, das eben mehr bedeutet als Genuss. Für amour fou, die etwas anderes ist als Leidenschaft. Für Grandeur, die weit über die Bedeutung von Größe hinausgeht. Und für Esprit, der mit Witz eben nur unzureichend übersetzt ist.
Auch Recto Verso, das zweite Album von Zaz, verkörpert all das. On Ira, die erste Single und zugleich Auftakt der Platte, ist ein wunderbar schwungvolles Lied, wie es gut aufs letzte Album von Lena gepasst hätte, mit großer Leichtigkeit, aber auch einer Nuance Schwermut in der Stimme. Auch Gamine hat diese reizvolle Ambivalenz: Das Lied ist heiter und wird von Händeklatschen noch zusätzlich angetrieben, doch die Stimme dazu klingt zwar nicht kraftlos, aber doch ein wenig übernächtigt.
Zaz beweist auf Recto Verso eine enorme Bandbreite und lässt keinen Moment der Langeweile zu. Comme ci, comme ca (eines von drei Liedern, an denen sie auch mitgeschrieben hat) setzt auf Ragtime-Elemente, La lessive braucht nur Gitarre und Gesang, das jazzige Toujours wird ebenso federleicht wie flott, Oublie Loulou kommt als verspielter Swing daher.
In T’attends quoi wandelt Zaz auf den Spuren von Amy Winehouse, in Déterre liefert sich ihre Stimme am Ende ein feuriges Duell mit der E-Gitarre, La Lune wird ein sehr sexy sinnlicher Abschluss des Albums. J’ai tant escamoté klingt so sehr nach Frankreich (mit Walzertakt, Akkordeon, Tuba und allem drum und dran bis hin zur Jahrmarkt-Atmosphäre, in der das Lied mündet), dass es an keinem anderen Ort der Welt entstanden sein kann als direkt am Karussell unter dem Eiffelturm. Nous debout ist mit seiner ausgelassenen Sommerlaune noch so ein Lied, in dem man leben möchte.
Dazu bietet Zaz auf der Deluxe Version von Recto Verso auch noch drei (allerdings verzichtbare) Bonustracks an und eine DVD mit einem gut halbstündigen Making Of. Da kann man nur sagen: sehr gut und sehr großzügig. Pardon: très bien et très généreux.
Zaz singt On Ira für die französische Variante von RTL:
httpv://www.youtube.com/watch?v=nqZo8UjRqQM