Künstler | Zun Zun Egui | |
Album | Katang | |
Label | Bella Union | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Bewertung |
Ideen sind eine wichtige Sache. Genauso wichtig sind Menschen, die sich von Ideen begeistern lassen.
Allerdings gibt es bei dieser Spezies, egal ob auf der großen Bühne der Weltpolitik oder beim Small Talk auf einer Party, zwei Probleme. Erstens: Viel grandioser als die Idee an sich finden diese Menschen oft die Tatsache, dass es ihre Idee ist. „Stell Dir mal vor, wenn man dies und jenes zusammenbaut, dann hat man eine Maschine, die nie mehr stehenbleibt, sobald man sie einmal in Gang bringt“, könnten sie beispielsweise sagen – ohne auch nur zu ahnen, dass genau dieselbe Idee vor ihnen schon Tausende gehabt haben (und dann feststellen mussten, dass ein Perpetuum Mobile nicht funktioniert). Zweitens: Meist vergessen diese Menschen den Unterschied zwischen Idee und Realität. „Stell Dir mal vor, es gebe kein privates Eigentum mehr und alle Menschen würden gemeinschaftlich für die gemeinsame Sache leben“, könnten sie beispielsweise vorschlagen. Es ist die alte Sache mit „gut“ und „gut gemeint“.
Genau so verhält es sich mit Zun Zun Egui. Das Quartett aus Bristol hatte eine Idee. „Stell Dir mal vor, man würde Rock und Funk und ganz viel anderes in einen Topf werfen und dann daraus ein Album machen. Komplex, irre und brachial. Mit Gesang in allen möglichen exotischen Sprachen. Und das ganz ohne Computer, sondern von vier Männern, die das wirklich spielen können.“ Das Ergebnis, nach ein paar 12-Inches als erste Lebenszeichen von Zun Zun Egui, ist nun das Debütalbum Katang.
Das Ergebnis ist entsprechend vielseitig, virtuos – und unhörbar. Der Titelsong gleich zum Auftakt klingt wie kaputte Red Hot Chili Peppers und baut dann auch noch Ska ein und sogar einen Teil, in dem man Scatman John am Werke wähnt. Mr. Brown wirkt danach wie eine indianische (darf man das sagen? oder muss es heißen: amerikanischeureinwohnerische) Variante von Audioslave und ist eines der vielen Stücke hier, bei denen der Bass quasi die Melodie trägt. Cowboy platziert sich irgendwo zwischen Sepultura und Panteón Rococó.
Das alles klingt, als hätten sich Kushal Gaya (Gitarre/Gesang), Yoshino Shigihara (Keyboard/Gesang), Matthew Jones (Drums) und Luke Mosse (Bass, er hat das Album auch produziert) im Grundkurs Aggressionsbewältigung kennengelernt. Doch dann, nach knapp der Hälfte von Katang, haben sich Zun Zun Egui plötzlich abreagiert und die Platte bekommt einen neuen Charakter. Leider ist der auch nicht überzeugender. Zusammenfassen kann man die übrigen sechs Stücke mit: Rock ohne Markenkern.
Shogun klingt wie eine psychedelische Skizze der Smashing Pumpkins, die Single Fandango Fresh hätten die späten The Clash an einem richtig schlechten Tag schreiben können. Dance Of The Crickets könnte als Demo von Sublime durchgehen, Sirocco hat eine Blues-DNA und klingt wie eine Kreuzung aus den Doors und Dinosaur Jr. auf dem Sterbebett.
Der Rausschmeißer Heart In A Jar ist, wie so Vieles auf diesem Album, bloß ein Vorwand, um zu zeigen, wie gut Zun Zun Egui ihre Instrumente beherrschen und wie gerne sie Led Zeppelin, The Mars Volta oder wenigstens den Queens Of The Stone Age nacheifern würden. Twist My Head lässt an Incubus denken und ist, natürlich, ein naiver Aufruf zur Revolte. Das ist wieder so eine Idee, die nicht durchdacht ist und bringt Katang auf den Punkt: Hier ist ganz viel Energie, vielleicht sogar guter Wille. Aber weit und breit kein guter Song.
Dieses Live-Video von Zun Zun Egui zeigt, warum das Wort „Fusion“ in Musikerkreisen inzwischen verboten ist:
httpv://www.youtube.com/watch?v=19sPAPjep5I