Hop Along – „Bark Your Head Off, Dog“

Künstler Hop Along

Bark Your Head Off, Dog Hop Along Kritik Rezension
Fehler der Vergangenheit sind das wichtigste Thema auf „Bark Your Head Off, Dog“.
Album Bark Your Head Off, Dog
Label Saddle Creek
Erscheinungsjahr 2018
Bewertung

Bark Your Head Off, Dog ist bereits das vierte Album von Hop Along aus Philadelphia. Doch Frances Quinlan, die Chefin der Band, klingt im ersten Lied dieser Platte, als würde sie gerade zum ersten Mal in ein Mikrofon singen. Ihr Gesang ist in How Simple als Flüstern, klare Kopfstimme und Hauchen zu hören, er erklingt einschmeichelnd, selbstvergessen oder mit dem Background-Gesang von Chrissy Tashjian (Thin Lips) im Chor. Es wirkt, als würde sie gerade genau hier ihren Stil suchen und genau in diesem Durcheinander finden, das in fast jedem Takt eine andere Phrasierung austestet. „How simple my heart can be / frightens me“, lautet eine Zeile, die diese Unsicherheit zu belegen scheint. Doch davon kann keine Rede sein. Nicht mehr.

„Ich bin wütend auf mich, dass ich all die Jahre mit dieser falschen Idee gelebt habe, dass eines Tages ein Mann kommt und mir zeigen wird, was ich wirklich wert bin“, sagt Quinlan und gibt damit das Leitmotiv des Albums vor. Es geht um Selbstbestimmtheit, auch um Neubewertung scheinbar gut funktionierender Routinen, manchmal auch um Reue. Ich habe falsch gelegen, obwohl ich dachte, ich hätte mich erkannt – das ist die Position von How Simple. „Menschen romantisieren oft die Idee der Selbstfindung, doch wenn sie sich dann mal selbst gefunden haben, kann es meiner Erfahrung nach auch schon mal richtig schwierig werden. Dann erkennt man nämlich erst, dass man seine Freunde enttäuscht hat und sie dich enttäuschen“, sagt Quinlan.

Gemeinsam mit ihren Bandkollegen Tyler Long (Bass), Joe Reinhart (Gitarre) und Mark Quinlan (Schlagzeug) sowie mit der Unterstützung von Joe Reinhart und Kyle Pulley während der Aufnahmen hat die Sängerin, Songwriterin und Gitarristin (und, im Falle des Albumcovers: Malerin) ein Werk erschaffen, das viele Stile und Einflüsse vereint (von ELO über Elvis Costello bis zu Seventies-Girl-Groups reicht die Bandbreite ihrer Vorbilder, sagen Hop Along), im Kern aber von seiner emotionalen Entschlossenheit lebt.

Not Abel legt eine herbe und waidwunde Leidenschaft wie einst Catatonia an den Tag, aber zu einem deutlich filigraneren Sound. Der Anfang von Look Of Love ist annähernd acappella, in jedem Fall sehr roh und unmittelbar, dann wird daraus ein sehr aufwühlendes, schmerzerfülltes, eigentümliches Meisterwerk. Die Erzählung in Prior Things beginnt mit dem Einwerfen von Drogen oder einem Medikament, durch das Quinlan in den Zustand versetzt werden möchte, der Mut, Gelassenheit oder das Treffen der richtigen Entscheidungen ermöglicht.

Der Mix an Stilen ist diesmal bei der 2005 gegründeten Band so groß, dass die ziemlich vertraute Rock-Ästhetik zu Beginn von The Fox In Motion in diesem Moment genauso überraschend kommen wie das Fade-Out am Ende des Songs. What The Writer Meant rückt den Beat mehr in den Vordergrund, Somewhere A Judge wird unkonventionell, aber hochgradig eingängig, etwa im Stile von Kakkmaddafakka. One That Suits Me ist ein tolles Beispiel für die sehr guten, gerne giftigen Texte bei Hop Along, in diesem Fall zu einer beinahe konventionellen Musik. “What makes you think you’ve got the right to be young?”, fragt Quinlan darin. Das Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen und auch ihr als irrtümlich erkannter Versuch, sich über ihre Rolle gegenüber Männern zu definieren, steht im Zentrum von How You Got Your Limp und zeigt damit erneut das Leitmotiv von Bark Your Head Off, Dog. Begleitet nur von Streichern und Gitarre wirft sie ganz viel Gefühl hinein. Oder genauer gesagt, wie auf dem gesamten Album: ganz viele verschiedene Gefühle.

Im Video zu How Simple stehen Hop Along im Scheinwerferlicht.

Website von Hop Along.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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