Horse Jumper Of Love – „So Divine“

Künstler Horse Jumper Of Love

Horse Jumper Of Love So Divine Review Kritik
Auf ihrem zweiten Album feiern Horse Jumper Of Love die kleinen Dinge.
Album So Divine
Label Run For Cover
Erscheinungsjahr 2019
Bewertung

„Bei den meisten Songs geht es darum, aus kleinen Dingen etwas Großes zu machen“, sagt Frontmann Dimitri Giannopoulos über das heute erscheinende zweite Album von Horse Jumper Of Love. Die Songs auf So Divine „beginnen alle mit diesen sehr spezifischen kleinen Erinnerungen, die mir aus irgendeinem Grund im Gedächtnis geblieben sind. Erinnerungen verblassen und ändern sich jedoch im Laufe der Zeit und werden mit all diesen unterschiedlichen Bedeutungen aufgeladen. Wir fügen ihnen andauernd etwas hinzu“, erklärt der Gitarrist und Sänger.

Er hat damit sehr gut zusammengefasst, wie die Musik des Trios aus Boston, das von Bassist John Margaris und Schlagzeuger Jamie Vadala-Doran vervollständigt wird, funktioniert. Schon der Album-Auftakt Airport liefert dafür ein treffendes Beispiel: Er klingt zunächst betrübt, am Ende jedoch schmerzhaft und Noise-affin. Es ist das erste, aber bei weitem nicht das letzte Mal auf So Divine, dass man an die Ästhetik und Dynamik von Nirvana denken muss. Kurz bevor das instrumentale und experimentelle Heaven die Platte abschließt, findet sich noch ein sehr treffender Beleg dafür: Das Gitarrenpicking in Nature deutet so etwas wie Leichtigkeit zumindest an, allerdings verwerfen der Bass aus der Krist-Novoselic-Schule und das ruppige Finale diesen Gedanken sofort.

Immer wieder setzen Horse Jumper Of Love, die sich nach einer lateinischen Phrase, deren eigentlicher Sinn in der Überlieferung verloren gegangen ist, benannt haben, auf dieses Rezept. Cops ist erst träge, dann wuchtig, Alien beginnt komplett akustisch und wird dann immer seltsamer. Die Anklage „Everything is freaking me out“, steht am ebenfalls fast lethargischen Beginn von Volcano, das aber schließlich kulminiert in einer beinahe feurigen Wut, die wohl vor allem von der Erkenntnis „I am not going anywhere“ gespeist wird.

Dass diese Methode innerhalb der elf Stücke auf So Divine nicht langweilig wird, liegt zum einen an der Sensibilität, die Horse Jumper Of Love am deutlichsten im John Song demonstrieren, das beinahe wie eine Meditation wirkt. Auch das instrumentale Interlude Twist Cone stärkt den Spannungsbogen. Nicht zuletzt entstehen immer wieder reizvolle Kontraste wie in Ur Real Life Dress: Dimitri Giannopoulos singt immer wieder „I feel okay“, aber der Sound ist mit seinem stoischen Beat und seiner vergifteten Gitarre viel zu bedrohlich, um ihm das glauben zu können.

In der Single Poison erzählt er von einem sehr abgedrehten Traum, die Musik dazu scheint noch gar nicht aufgewacht zu sein. „Poison handelt vom Themen des häuslichen Lebens, davon, aus Nostalgie zu lernen und die alltäglichsten Erinnerungen einzufangen“, erklärt der Sänger den Gedanken dahinter. „Vor ungefähr vier Jahren habe ich angefangen, an diesem Song zu arbeiten, und ich warte schon seit Ewigkeiten darauf den Song zu veröffentlichen. Wir haben das Video im Pizza-Shop meines Vaters in Boston gedreht – ein sehr wichtiger Ort für mich; ein Ort, an dem ich gelernt habe, wie man arbeitet. (…) Arbeit, als eine sich wiederholende Bewegung – genau wie der Gitarrenpart im Song.“ Neben diesem Track bringt Stray Dog wohl den Charme von Horse Jumper Of Love am besten auf den Punkt: Wenn die Verletzlichkeit der Eels über die Jahre immer mehr verwaschen wäre, könnte sie so klingen.

Pizza spielt die Hauptrolle im Video zu Poison.

Horse Jumper Of Love bei Bandcamp.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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