Hot Chip – „Dancing In The Dark“

Künstler Hot Chip

Dancing In The Dark Hot Chip Review Kritik
Drei Remixes und ein Mashup versammeln Hot Chip auf der EP.
EP Dancing In The Dark
Label Domino
Erscheinungsjahr 2015
Bewertung

Die Parallelen zwischen Hot Chip, den Elektro-Nerds aus London, und Bruce Springsteen, dem Rock-Malocher aus New Jersey, sind nicht allzu offensichtlich. Nicht gerade klein war die Überraschung, als die Band während ihrer 2015er Tournee plötzlich eine Coverversion von Dancing In The Dark in ihren Konzerten spielte, die dann mit All My Friends von LCD Soundsystem vermengt wurde. Der Mashup kam allerdings so gut an, dass er schließlich auch auf EP veröffentlicht wurde.

Auf den zweiten Blick lässt sich natürlich durchaus erkennen, worin für Hot Chip der Reiz gelegen haben könnte, sich dieses Lieds anzunehmen: Erstens sehen Alexis Taylor und Joe Goddard beide nicht gerade aus wie Menschen, die für ihr Leben gerne tanzen und sogar Songs darüber schreiben, und das trifft natürlich auch auf Bruce Springsteen zu (und übrigens auch auf Amy MacDonald, Pete Yorn oder die Editors, die dieses Lied ebenfalls alle schon gecovert haben). Zweitens kann das Original aus dem Jahr 1984 als gutes Beispiel für den Siegeszug der elektronischen Musik gelten und für ihre gelungene Melange mit Rock-Ästhetik, für die sich auch Hot Chip immer wieder als sehr gute Repräsentanten erwiesen haben.

Dancing In The Dark war das erste Lied überhaupt von Bruce Springsteen, in dem Synthesizer eingesetzt wurden. Bezeichnenderweise wurde es zum größten Hit des an Hits nicht eben armen Albums Born In The USA. Schon damals gab es einen Remix von Electro-Guru Arthur Baker, der tatsächlich die Clubs eroberte. Nicht zuletzt ist es ein Lied über den Frust des Alltags und den Wunsch, diesem mittels eines laut aufgedrehten Songs aus dem Radio zu entfliehen, wenigstens für eine Weile – auch dieser romantische Blick auf die tröstende Kraft von Musik findet sich nicht nur bei Bruce Springsteen als Leitmotiv, sondern auch bei Hot Chip.

Im Abstand von ein paar Jahren (und ohne den Überraschungseffekt der Livekonzerte) ist Dancing In The Dark allerdings nicht ganz so großartig, wie es hätte werden können. Insbesondere geht durch den Synthie-Overkill und den erstaunlich unbeteiligt wirkenden Gesang die Romantik verloren, auch die Tanzflächen-Euphorie, die Hot Chip sonst so meisterhaft beherrschen, stellt sich erst ganz am Ende der rund sechseinhalb Minuten ein, als sie Springsteen verlassen haben und bei LCD Soundsystem angekommen sind.

Deutlich besser ist die RAK Version von Cry For You. Der Bass würde auch Deichkind gefallen, weil er zugleich reinknallt und gewitzt ist, die Melodie ist perfekt, die Atmosphäre ist melancholisch und zugleich ausgelassen. Zusätzlich gibt es auf der EP zwei Remixes von Huarache Lights vom damals gerade aktuellen Album Why Make Sense? Im Soulwax Remix klingt die zentrale Zeile „We’ll make the people just bathe in the light“, zu einem nervösen Beat eher nach einer ehrwürdigen religiösen Zeremonie als nach einem euphorisierten Rave. Als die in diesem Track besungenen Maschinen offenkundig die Herrschaft übernommen haben, wird es aber doch noch sehr kraftvoll. Noch besser wird der mehr als achtminütige A/JUS/TED Remix. Hier kann man geradezu mitverfolgen, wie diese Maschinen zum Leben erwachen, angefeuert von ein paar zusätzlichen Sample-Stimmen, die Let No Man Put Asunder von First Choice 8aus dem Jahr 1977 entnommen sind.

Insgesamt ist Dancing In The Dark damit kein Karrierehighlight von Hot Chip, aber als Tour-Souvenir, Experiment und Verneigung vor einem großartigen Song natürlich mehr als passabel.

Hot Chip spielen Dancing In The Dark live beim Glastonbury 2015.

Homepage von Hot Chip.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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