Morgen erscheint Daydreams & Nightmares, das famose zweite Album von Those Dancing Days. Heute und morgen sowie Anfang März noch einmal für zwei Shows sind die Schwedinnen zudem live in Deutschland zu bewundern. Ich habe vorab mit Schlagzeugerin Cissi Efraimsson gesprochen. Über die Dynamik in der Band, die Zusammenarbeit mit Produzent Patrik Berger und die ärgerliche Tatsache, dass das Musikgeschäft immer noch voller Chauvis ist.
Hallo, Cissi. Ich habe Daydreams & Nightmares gerade in mein iTunes importiert. Das Album ordnet sich zwischen Day & Age von den Killers und Dear Catastrophe Waitress von Belle & Sebastian ein. Fühlt Ihr Euch wohl in dieser Umgebung?
Efraimsson: Ja, auf jeden Fall. Vor allem Belle & Sebastian gefallen mir. Sie sind eine meiner absoluten Lieblingsbands.
Was gefällt Dir an ihnen?
Efraimsson: Sie sind so ehrlich. In ihrer Musik stecken ganz viele Emotionen. Diese Lieder wecken bei mir viele Gefühle, wenn ich sie höre.
Ist das auch das Ziel, das Ihr mit Those Dancing Days verfolgt?
Efraimsson: Klar.
iTunes geht zwar nur nach dem Alphabet vor, aber trotzdem fand ich die Platzierung zwischen den Killers und Belle & Sebastian ganz passend, weil es meiner Ansicht nach Elemente von beiden Bands auch im Sound von Those Dancing Days gibt. Ihr habt keine Angst vor Pop, wie die Killers, und gerade in den Texten steckt immer auch eine Spur Melancholie wie bei Belle & Sebastian.
Efraimsson: Die Killers kenne ich nicht so gut, aber das klingt trotzdem logisch. Wir haben kein Problem damit, wenn Leute uns eine Popband nennen. Wir sehen uns selber so.
Gab es eine Band, an der Ihr Euch orientiert habt, als es an die Aufnahmen für das neue Album Daydreams And Nightmares ging?
Efraimsson: Das ist ein bisschen schwierig. Wir sind zu fünft, und eigentlich hat jede von uns einen ziemlich verschiedenen Musikgeschmack. Wir haben uns also nicht an einer bestimmten Band oder einem tollen Album orientiert, sondern eher am echten Leben. Dinge, die uns passiert sind. Leute, die wir getroffen haben. Die Erfahrungen, die wir als Gruppe gesammelt haben. Das hat uns inspiriert.
Wenn es musikalisch so unterschiedliche Einflüsse gibt, dürften bei Those Dancing Days ja manchmal richtig die Fetzen fliegen. Oder ist es leicht, da einen Kompromiss zu finden?
Efraimsson: Es kommt schon vor, dass wir uns streiten. Ich denke, das ist in allen Bands so. Aber in der Regel sind wir eine ziemlich demokratische Band. Jeder muss eben ein bisschen zurückstecken.
Was mir am neuen Album besonders gefällt: Es hat die Stärken Eures Debüts In Our Space Hero Suits, ist aber trotzdem ein Schritt in die Zukunft. Keine Revolution, aber eine Evolution. War das Euer Ziel?
Efraimsson: Eigentlich hatten wir keinen bestimmten Plan, wie die neuen Lieder klingen sollten. Es ist einfach passiert, und wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Wahrscheinlich hat sich unser Sound einfach verändert, weil wir nun ein bisschen älter sind. Wir haben neue Erfahrungen gemacht, und wir haben eine ganze Menge Konzerte gespielt. Wir sind selbstbewusster geworden, würde ich sagen. Das wirkt sich natürlich auf die Musik aus.
Wie war die Arbeit mit Produzent Patrik Berger? Ich habe vor eine Weile mit Roman Fischer gesprochen, der ebenfalls mit ihm im Studio war, und seiner Ansicht nach hat Patrik Berger vor allem eine große Stärke: Er lässt die Dinge einfach laufen. Hat das für Those Dancing Days auch funktioniert?
Efraimsson: Patrik ist jedenfalls ein sehr entspannter Typ. Man kann wirklich gut mit ihm auskommen und wir sind gute Freunde geworden. Was für uns besonders wichtig war: Er hat uns viel Mut zugesprochen. Er gibt einem niemals einen Grund nervös zu sein, wenn man etwas spielt. Seine größte Stärke ist meiner Ansicht nach aber etwas anderes: Er hat das perfekte Ohr für Pop. Er erkennt genau, was an einem Song gut funktioniert und was dem Lied vielleicht noch fehlt. Er hat da wirklich tolle Ideen.
Ihr habt ihn also ausgewählt, weil ihr ein Pop-Genie als Produzent wolltet?
Efraimsson: Das konnten wir ja vorher nicht wissen. In Wirklichkeit kam die Zusammenarbeit ganz anders zustande. Unsere Gitarristin Rebecka arbeitet in einem Café, in dem Patrik Stammgast ist. So haben sie sich kennen gelernt. Rebecka hat ihm unser Demo vorgespielt, und das hat ihm wirklich gut gefallen. Wir haben auch schnell gemerkt, dass zwischen uns die Chemie stimmt, und deshalb haben wir uns für ihn entschieden.
Wie kam das Duett mit Orlando Weeks von den Maccabees zustande, der auf One Day Forever mitsingt?
Efraimsson: Wir haben eine Show in Mailand mit den Maccabees gespielt, und sie waren wirklich nette Jungs. Ungefähr ein Jahr später haben wir ihre Coverversion von Boom Boom Pow gehört, dem Black-Eyed-Peas-Song. Wir haben uns alle total in die Maccabees-Version und in Orlandos Stimme verliebt. Deshalb haben wir sofort an ihn gedacht, als wir eine Männerstimme für One Day Forever gesucht haben. Wir haben ihm dann einfach eine E-Mail geschickt und er hat sofort zugesagt.
Das Album heißt nun Daydreams & Nightmares. Wie sieht dein Tagtraum davon aus, wie die Platte aufgenommen werden sollte, wenn sie morgen erscheinen wird?
Efraimsson: Zuerst mal hoffe ich, dass die Platte den Leuten gefällt. Dass es als etwas Neues und Originelles wahrgenommen wird. Es wäre schön, wenn die Platte erfolgreich genug ist, damit wir damit in der ganzen Welt auf Tour gehen können. Ich hoffe, dass wir die Musik ein bisschen in eine neue Richtung bringen können, den Pop ein wenig weiterentwickeln. Ich möchte Leute inspirieren. Das Beste wäre, wenn wir ein paar Mädchen dazu kriegen könnten, die Drumsticks oder die Gitarre in die Hand zu nehmen und selbst Musik zu machen. Die Welt braucht mehr Bands mit Mädchen.
Und wie sieht Deine Albtraum-Resonanz für das Album aus?
Efraimsson: Hmm, das ist schwieriger. Ich weiß, dass wir unser Bestes gegeben haben, und wenn das Album den Leuten nun nicht gefällt, ist es erst einmal ihr Problem. Aber es wäre natürlich enttäuschend, wenn die Fans die Platte langweilig finden sollten. Das Schlimmste wäre wohl, wenn ein paar Leute behaupten, wir wären nur bekannt geworden, weil wir Mädchen sind. Es gab ja auch schon bei In Our Space Hero Suits ein paar Leute, die behauptet haben, wir würden gar nicht selbst unsere Instrumente spielen.
Kommt es Euch immer noch so vor, als müsstet Ihr Euch beweisen, weil Ihr eine reine Mädchen-Band seid?
Efraimsson: (überlegt lange) Ja, wahrscheinlich schon. Es nervt einfach, wenn man nur anhand seines Geschlechts beurteilt wird. Das macht mich echt wütend – und normalerweise spiele ich das Schlagzeug dann einfach noch ein bisschen härter.
Es nervt sicher auch, dass in fast jeder Kritik erwähnt wird, wie jung und süß Those Dancing Days doch sind. Andererseits würde Euer Sound natürlich auch nicht funktionieren, wenn ihn fünfzigjährige Hausfrauen spielen. Kannst Du Dir vorstellen, dass es irgendwann einmal so etwas wie reife, erwachsene Those Dancing Days geben wird?
Efraimsson: (lacht) Wir haben uns nie gewünscht, dass man uns niedlich nennt. Wir haben uns selbst nie süß gefühlt. Wir haben uns wie Punks gefühlt, weil wir einfach unser Ding gemacht haben – aber leider hat niemand sonst das so gesehen. Ich hoffe aber, dass das neue Album uns da ein Stückchen weiter bringt. Ich würde mich freuen, wenn diesmal mehr über die Musik geschrieben wird und nicht mehr darüber, wie alt wir sind oder was wir für Klamotten tragen.
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