Künstler | J Mascis | |
Album | Elastic Days | |
Label | Sub Pop | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Seit 2005 kann man mittlerweile das Vergnügen haben, sowohl die Musik von Dinosaur Jr. als auch das Solowerk von J Mascis zu erleben. Damals rauften sich die Indierock-Helden aus Massachusetts wieder zusammen, bei denen J Mascis zuvor schon 13 Jahre lang bis zum Split 1998 als Sänger fungiert hatte. Obwohl die Band nun wieder auf Tour ist und sogar Platten aufnimmt, hat er die Tradition der (semi-)akustischen Soloalben aufrechterhalten, wenn die Lieder besser in ein solches Gewand passten. Drei davon sind erschienen, seit er wieder ein Teil von Dinosaur Jr. ist, zuletzt Tied To A Star (2014).
Womöglich wird es noch immer Fans geben, die den Hardcore-Wurzeln dieses Musikers nachtrauern und die Qualität seiner Soloalben zuvorderst nach dem Grad der Ähnlichkeit mit dem Output von Dinosaur Jr. bewerten. So sehr das Quatsch ist, so entzückt könnte solche Fans über Elastic Days sein, das J Mascis erneut in seinem eigenen Studio aufgenommen hat. Die zwölf Lieder der Platte würden zwar auch in einen Unplugged-Kontext passen, aber unter ihnen ist mit Wanted You Around nur ein einziges, das kein stattliches Solo auf der E-Gitarre zu bieten hat. Vor allem aber prägt ein anderes Instrument, ebenfalls von J Mascis bedient, den Sound: das Schlagzeug.
„Das ist vielleicht der größte Unterschied im Vergleich zu den vorherigen Alben. Ich hatte gerade ein neues Drumkit bekommen, das ich wirklich extrem aufregend fand. Ich habe nicht mehr allzu viele Gelegenheiten zum Schlagzeugspielen, deshalb habe ich hier viel mehr Schlagzeug eingebaut, als ich eigentlich geplant hatte. Ich habe einfach immer weiter gespielt“, sagt J Mascis. „Meistens habe ich bei den Aufnahmen mit der Akustikgitarre angefangen und dann direkt mit dem Schlagzeug weitergemacht.“
Wie gut das funktioniert, zeigt beispielsweise Sometimes, das nach gut zwei Minuten noch einmal richtig Fahrt aufnimmt. Auch in Sky Is All We Had kommt der zusätzliche Energieschub durch die Drums sehr willkommen und im genau richtigen Moment. I Went Dust fängt so reduziert und zerbrechlich an, dass das Schlagzeug bei seinem sehr überraschenden Einsatz einen erstaunlichen Effekt erzielt, zum Album-Schlusspunkt Everything She Said könnte man (nach ein paar Bier und Whiskey) womöglich sogar tanzen.
Dass ausgerechnet der Titeltrack Elastic Days bloß ein Tamburin als Rhythmusinstrument einsetzt, ist in dieser Hinsicht zwar erstaunlich, allerdings auch kein Verlust: Selbst in den ruhigsten Momenten des Albums kommt nirgends Langeweile auf, weil J Mascis neben dem Schlagzeug und dem obligatorischen Gitarrensolo weitere clevere Ideen für seine Arrangements hat, notfalls auch noch ein paar prominente Gäste wie Pall Jenkins (Black Heart Procession), Mark Mulcahy (Miracle Legion) und Zoë Randell (Luluc) als Ass im Ärmel. Ein Klavier, gespielt von Ken Miauri (der schon auf Tied To A Star mitwirkte), hat eine recht prominente Rolle im Opener See You At The Movies, das der Künstler als sein persönliches Lieblingslied betrachtet, „weil dieses sehr schön ausgearbeitet Gefühl von Verlust darüber hängt“. Man kann in der Tat nicht anders als das Wort „schön“ dafür benutzen, spätestens bei Zeilen wie: „Finding you was easy / finding me was hard.“
Auch Drop Me wird geradezu niedlich, der Weltschmerz von Give It Off ist nicht nur typisch für dieses Album, sondern für seine Musik insgesamt. Ein Sehnsuchtslied ist auch Web So Dense, das am Anfang und gegen Ende etwas einsetzt, das ein Cello sein könnte, und von Byron Coley im Pressetext zur Platte nicht ganz unzutreffend als „Neo-Powerballade“ bezeichnet wird. Auf Picking Out The Seeds setzt Mascis seine Kopfstimme sehr geschickt ein, die er jüngst sogar professionell trainiert hat. “Ich habe ein paar Gesangsstunden genommen und mache jetzt Aufwärmübungen vor dem Singen. Das soll aber vor allem helfen, damit ich bei den Tourneen mit Dino nicht meine Stimmbänder zerfetze“, sagt er.
Vielleicht die größte Schnittmenge zwischen dem lärmenden Output der Band und dem sanften Oeuvre als Solokünstler bildet hier Cut Stranger: Obwohl die Gitarre akustisch bleibt, ist das kraftvoll und sehr schmissig – da scheint dann doch der Rocker in J Mascis herauszubrechen.