James Newton Howard – „The Hunger Games: Mockingjay Pt. 1 (Original Motion Picture Score)“

Künstler James Newton Howard

James Newton Howard The Hunger Games: Mockingjay Pt. 1 (Original Motion Picture Score) Review Kritik
Der Score zu „The Hunger Games: Mockingjay Pt. 1“ enthhält kaum Gesang und nichts von Lorde.
Album The Hunger Games: Mockingjay Pt. 1 (Original Motion Picture Score)
Label Lionsgate
Erscheinungsjahr 2014
Bewertung

Das kann ich ja noch nachvollziehen: Im Oktober 2011 gab es in der Leipziger Arena die seltene Gelegenheit, den legendären Matrix-Film zu schauen, und zwar mit dem MDR-Sinfonieorchester, das live dazu die Filmmusik gespielt hat. Gut zwei Stunden lang, immer synchron mit dem Geschehen auf der Leinwand. Das ist sicher handwerklich spektakulär und zudem ziemlich spannend. Schon deutlich weniger einleuchtend finde ich das Format, das an gleicher Stelle sieben Jahre später zu erleben war: Ein Chor und ein Orchester setzten da The Music of Hans Zimmer um, die passenden Filme von Der Fluch der Karibik über Gladiator bis hin zu Der König der Löwen gab es aber nur in Ausschnitten zu sehen. Was sollte das? Wenn ich in erster Linie die Filme (auch mit ihrer Musik) liebe, reichen solche Häppchen sicher nicht aus, um glücklich nach Hause zu gehen. Wenn ich in erster Linie die Musik (mit dem Film als Beiwerk) liebe, will ich sie bestimmt auch lieber komplett hören als nur als Teil eines Potpourris.

Noch seltsamer erscheint mir die Idee, sich einen Original Motion Picture Score zuhause als Konserve anzuhören. Also wohlgemerkt nicht den gefeierten Soundtrack zu The Hunger Games: Mockingjay Pt. 1, den Lorde zusammengestellt hat und der Acts wie Chvrches, Tove Lo oder Bat For Lashes vereint. Sondern die Filmmusik, die James Newton Howard komponiert hat, und die schon im ersten Stück The Mockingjay so klingt, wie Filmmusik nun einmal meist klingt: Es gibt Streicher und einen Chor, es wird mal sanft, mal erhebend, mal dezent bedrohlich, schließlich entwickelt sich ein Leitmotiv, das im weiteren Verlauf dann immer wieder auftaucht.

Howard hat in seiner rund 30-jährigen Hollywood-Karriere mehr als 100 Filmmusiken gemacht und zeigt hier, wie gut er sein Metier beherrscht. Man erlebt manchmal Bombast, häufig Nervosität, immer Berechnung – aber der Reiz dieser Klänge ohne die dazugehörigen Bilder ist sehr überschaubar. In District 12 erklingt eine geheimnisvolle, spukige Gesangsmelodie wie von einer Sirenenstimme, die dann auch in District 8 Hospital wieder auftaucht. Snow’s Speech deckt innerhalb von 3:33 Minuten das gesamte Spektrum von „fast nicht wahrnehmbar“ bis zu „hoch dramatisch“ ab, auch das besonders kraftvolle The Arsenal, das unheilvolle White Roses und das aufgewühlte Incoming Bombers setzen ein paar Akzente, ebenso wie District 12 Ruins durch den Einsatz von Holzbläsern.

In Jamming The Capitol gibt es fast so etwas wie einen Beat und dezente elektronische Einflüsse, das monumentale Air Raid Drill wird als einziges Stück tatsächlich ein eigenständiges, akustisches Abenteuer. Und dann ist da ja noch The Hanging Tree, gesungen von Hauptdarstellerin Jennifer Lawrence, zuerst alleine und wie selbstvergessen, dann begleitet von einem Chor und schließlich einem Orchester. Der Song war auch auf dem Soundtrack vertreten und hat es tatsächlich an die Spitze der deutschen Singles-Charts geschafft.

The Hunger Games: Mockingjay Pt. 1 (Original Motion Picture Score) zeigt damit wohl vor allem zwei Dinge. Erstens ist der Hype, den die Tribute von Panem-Reihe losgetreten hat, offensichtlich sogar stark genug, um 70 Minuten quasi-klassische Klänge zu einem Verkaufsschlager zu machen. Zweitens ist ein überwältigend großer Teil des Musikpublikums in Deutschland unverkennbar nur dann bereit, sich Orchesterklänge anzutun, wenn dazu zumindest im Kopf die Bilder aus einem Kinofilm ablaufen. So füllt sich dank der prominenten Namen aus dem Kino auch die Arena Leipzig mit Menschen, die nie im Leben ein klassisches Konzert besuchen würden.

Jennifer Lawrence singt einen sehr untypischen Nummer-1-Hit.

Website von James Newton Howard.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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