Film | Je t’aime moi non plus | |
Produktionsland | Frankreich | |
Jahr | 1975 | |
Spielzeit | 89 Minuten | |
Regie | Serge Gainsbourg | |
Hauptdarsteller | Jane Birkin, Joe Dallesandro, Hugues Quester, Reinhard Kolldehoff, Gérard Depardieu | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Krassky und sein Kollege Padovan arbeiten bei der Müllabfuhr. Sie sortieren alte Kleidung, sammeln ausrangierte Toilettenschüsseln oder sonstigen Abfall und verfrachten mit ihrem Truck alles auf eine riesige Deponie irgendwo im Nirgendwo. Auf dem Weg dorthin halten sie an einem Imbiss, wo Krassky mit der Kellnerin namens Johnny ins Gespräch kommt. Er ist fasziniert von der androgynen, frechen jungen Frau – sehr zum Missfallen des schwulen Padovan, der selbst gehofft hatte, bei seinem Kollegen landen zu können. Während Krassky und Johnny sich immer näher kommen, wächst seine Eifersucht. Auch jenseits dieser Dreiecksgeschichte gibt es bei dem frisch verliebten Pärchen genug Ärger: Beide geben zumindest vor, nicht an einer ernsthaften Beziehung interessiert zu sein, und zu Sex ist Krassky nur imstande, wenn Johnny so tut, als sei sie ein Junge.
Das sagt shitesite:
In Großbritannien durfte Je t’aime moi non plus nicht gezeigt werden, in Frankreich wurde der Film als obszön geschmäht, in Deutschland erhielt er eine Einstufung als FSK 18. Kein Wunder, dass das Regiedebüt von Serge Gainsbourg einen ähnlichen Skandal provozierte wie das gleichnamige Lied, das sechs Jahre zuvor erschien und hier auch als Filmmusik dient: Jane Birkin ist über beträchtliche Strecken des Films splitternackt, es gibt Analsex auf einem Mülltransporter, Masturbation, reichlich Kraftausdrücke und nicht zuletzt eine Hauptdarstellerin, die von ihrem (zum damaligen Zeitpunkt) eigenen Lebenspartner in verstörenden Bettszenen gefilmt wird.
Aus heutiger Sicht viel schockierender ist aber, wie hässlich dieser Film die Welt zeichnet. Die erste Szenen belegen das schon: Ein Vogel zerplatzt an der Windschutzscheibe eines Trucks, kurz darauf pinkelt ein Mann auf eine Mülldeponie. Alle Figuren sind sagenhaft vulgär, wie unter Strom, die Menschen arbeiten hier nicht gemeinsam an einem zivilisierten Miteinander, sondern furzen, prügeln sich, demütigen einander. Ganz offensichtlich steht dahinter der Gedanke, mit Je t’aime moi non plus einer Welt im Verfallszustand den Spiegel vorzuhalten.
Das ist mutig und (auch für heutige Maßstäbe noch) Avantgarde, für einen guten Film reicht das aber nicht aus. Die Schwäche von Je t’aime moi non plus ist nicht nur der dünne Plot. Auch beim Versuch, möglichst hart und ultrarealistisch zu sein, scheitert der Film, denn die Szenerie ist erkennbar künstlich: Da steht plötzlich irgendwo ein Flugzeug rum, da wird ein Imbiss mitten in der Pampa zum ordentlich besuchten Tanzlokal, nicht zuletzt reitet Gérard Depardieu ohne ersichtlichen Grund auf einem Schimmel durch die Gegend. Ärgerlich ist auch die naive Vorliebe für amerikanische Topoi (erst recht angesichts der Tatsache, dass die Dreharbeiten im Südosten Frankreichs stattfanden), vom Truck über die Blue Jeans und Rollerdisco bis zum Burger-Verkauf, die hier vermutlich als Gegenentwurf präsentiert werden sollen, als Chance auf Freiheit und Individualität.
So erreicht Serge Gainsbourg als Regisseur zwar nicht die Meisterschaft wie in seiner Musik, aber immerhin doch drei sicherlich angestrebte Effekte: die Provokation des Kinopublikums, die Irritation der Kritiker und die Vermittlung der Botschaft, dass seine Figuren (und damit in seinen Augen womöglich alle Menschen) unglücklich sind, weil die Welt verklemmt ist.
Bestes Zitat:
„Die Liebe hat einen rosa Schwanz und ist blind.“
Der Trailer zum Film.