Es ist kein Job wie jeder andere. Tom Winkler und Alina Liebermann sollen die wirtschaftlich angeschlagene Salerno AG durchleuchten. Als Unternehmensberater sind sie das gewohnt. Doch ihr Chef hat Alina diesmal den Auftrag gegeben, den Aufpasser für den manchmal übereifrigen Tom zu spielen. Sie soll sein Kettenhund sein – zur Belohnung könnte sie ihn dann womöglich sogar an der Spitze des Teams ablösen. Schon bald wird der Fall aufregend: Alina und Tom entdecken zweifelhafte Überweisungen, fiese Machenschaften und einen toten Manager.
Ein mörderisches Geschäft macht daraus einen vielschichtigen, spannenden Krimi mit starken Figuren und einer sehr gelungenen Ästhetik. Gerade die Verbindung aus Privatem und Geschäftlichen ist es, die dabei für Brisanz sorgt.
Da sind auf der einen Seite die Unternehmensberater. Sie verbeißen sich in ihre eigene Professionalität, um von der Tatsache abzulenken, dass sie überall gehasst werden, wo sie auftauchen. Das Unprätentiöse an ihrem Selbstverständnis ermöglicht es ihnen auch, die Frage nach der Verantwortung völlig ausblenden zu können, wenn sie über Tausende Arbeitsplätze und Tausende Schicksale bestimmen. «Wir treffen keine Entscheidungen. Wir analysieren den Zustand und die Chancen der Firma. Die Entscheidungen treffen die Fakten», bringt Tom Winkler (Devid Striesow) diese Perspektive auf den Punkt, als die Arbeiter im Salerno-Werk von ihm wissen wollen, ob er nun als Retter oder als Zerstörer gekommen ist.
Striesow ist perfekt als Verkörperung des seelenlosen, kaltblütigen Erbenzählers. Sein Blick vermittelt permanent die Botschaft: «Arbeitsplatzvernichter machen auch bloß ihren Job.» Aber der smarte, messerscharf analysierende Unternehmensberater bekommt schon bald zu spüren, was die Salerno-Mitarbeiter von seiner Anwesenheit halten. Er wird bedroht, verprügelt, über den Haufen gefahren.
Gerade das macht ihm die Einsamkeit umso bewusster, die ihn und seine drei Kollegen umgibt. Oft fehlen nur Winzigkeiten, um so etwas wie Wärme und Menschlichkeit in ihren Alltag zu bringen, aber fast immer siegt das Misstrauen. Regisseur Martin Eigler fängt das geschickt ein, wenn ein Küsschen eben bloß ein kleines Stück neben dem Mund landet. Wenn eine Antwort den Bruchteil einer Sekunde zu lange auf sich warten lässt, um noch aufrichtig sein zu können. Wenn der Impuls da ist, den Kollegen im Hotelzimmer nebenan zu fragen, wie es ihm geht – man dann aber doch nicht an seine Tür klopft.
Es ist der eindrucksvollste Kniff in Ein mörderisches Geschäft, dass dieselben Prinzipien auch auf der Gegenseite am Werk sind, in der Belegschaft von Salerno. Die einen wollen aufklären, die anderen wollen vertuschen – aber auf beiden Seiten regieren Eifersüchteleien, Intrigen und Ellenbogen. Es scheint keine Figur in Ein mörderisches Geschäft zu geben, die zugunsten der Karriere nicht die Moral opfern würde. Es geht hier um Gewinn für das Unternehmen und ums Gewinnen für den ganz persönlichen Konkurrenzkampf. So etwas wie einen höheren Sinn, eine Rechtfertigung für die eigene Arbeit jenseits des Gehaltsschecks, sucht hier niemand in seinem Job.
Was Ein mörderisches Geschäft über das übliche Tatort-Niveau hebt, sind zum einen die Schauspieler. Fast alle Rollen wurden gegen den Strich besetzt. Jürgen Heinrich, Devid Striesow oder Christiane Paul kennt man sonst eher als Sympathen. Hier sind sie Fiesling, Marionette und harter Hund. Besonders stark: Friedrich von Thun als Salerno-Boss Rüdiger Siebert, der sich als anständiger Unternehmer vom alten Schlag präsentieren möchte, aber knietief im Korruptionssumpf steckt.
Dazu kommt eine sehr stimmige Optik. Wenn Alina, Tom und ihre Kollegen wie Todesengel auf dem Werksgelände einschweben, dann strahlen sie in ihrem grau-korrekten Einheitslook all die Kälte ihres Metiers aus. Die Kamera blickt immer wieder von außen auf das Geschehen, durch Fenster, Tore oder Autoscheiben – auch so wird die Undurchdringlichkeit dieses Geschäfts deutlich.
Nur eine Schwäche hat Ein mörderisches Geschäft. Wenn es am Ende nicht mehr bloß um den Fall Salerno geht, sondern plötzlich das große Ganze in der Wirtschaftswelt thematisiert wird, verhebt sich der Film. Als der zwielichtige Salerno-Chef seine Geschäftspraktiken mit dem Druck der globalisierten Wirtschaftswelt zu rechtfertigen versucht und Alina Liebermann ihm Skrupellosigkeit vorwirft, ist das nicht nur überambitioniert, sondern auch unnötig plump. Denn der Film hat es vorher geschafft, die großen Strukturen und persönlichen Duelle in der Welt der Betriebswirtschaft für sich sprechen zu lassen. Und zu zeigen: Wer immer nur Gewinn und Gewinnen will, der ist am Ende ein ziemlich armes Würstchen.
Bestes Zitat: «Überall lauern deine Gegner. Alle wetzen sie die Messer. Und wenn einer nah an dich rankommt, dann nur, um dich besser zu treffen.» (Tom Winkler schildert sein Weltbild als Unternehmensberater)
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