Künstler | Johannes Falk | |
Album | Von Mücken und Elefanten | |
Label | Columbia | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Bonustracks sind oft eher Füllmaterial als entscheidende Bestandteile für ein Album, das besagt ja schon ihr Name. Auf dem übermorgen erscheinenden Von Mücken und Elefanten, dem dritten Album von Johannes Falk, gibt es gleich drei Bonustracks, was zu einer Gesamtspielzeit von mehr als 65 Minuten führt. Immerhin einer davon ist allerdings ziemlich essentiell für die Bewertung dieser Platte: Leuchtraketen heiß das Lied, und als einziger der 17 Tracks fühlt er sich etwas zu sehr nach Durchschnitt an. Gerade durch diesen schwächsten Moment des Albums wird somit klar: Die anderen Lieder auf Von Mücken und Elefanten sind deutlich mehr als Standard.
Der Quasi-Titelsong Elefanten ist ein gutes Beispiel dafür, er handelt von Deeskalation in einer Beziehung und orientiert sich vage an der aktuellen Deutschpopformel, wirkt aber trotzdem nicht aufgesetzt. Johannes Falk, der etwa mit Philipp Poisel schon auf Tour und auch als Songschreiber beispielsweise für Laith Al-Deen aktiv war, ist irgendwo zwischen Singer-Songwriter, Radiopop und einer Sozialisation zuhause, bei der man merkt, dass diese Musik mit echten Instrumenten nicht nur gespielt, sondern auf solchen auch erdacht wurde. Gemeinsam mit Produzent Udo Rinklin (Laith Al-Deen, Lina Maly, Philipp Poisel), der bei vier Liedern auch mitkomponiert oder -getextet hat, ist eine Platte entstanden, die nie wirklich spektakulär ist, aber auch nie schlecht.
Leben ist Leben eröffnet das Album nach dem Intro mit einem Plädoyer gegen Stagnation, Routine und Mutlosigkeit, sodass neben dem Sound gleich auch der Inhalt an Clueso denken lässt. Keine Heimat erzählt eine Flüchtlingsgeschichte, Blauer Planet entwickelt sich von lakonisch und gelassen hinein in einen Taumel, Narben offenbart die Ohnmacht im Angesicht von etwas, das im Rückblick vielleicht wie der Anfang vom Ende aussehen wird.
„Ich habe während der Arbeit an diesen Songs an mir selbst und den Menschen um mich herum beobachtet, wie schwierig die Dinge werden können“, sagt Johannes Falk, der auf seinen ersten beiden Alben noch deutlich stärker seine Verwurzelung in christlichen Gemeinden besungen hatte und sich nun zumindest künstlerisch aus dieser Szene emanzipiert hat. „Beziehungen gehen kaputt, Lebensentscheidungen erweisen sich als problematisch – ich wollte das alles genau ansehen und verstehen.“ Man erkennt das in Liedern wie Dein Herz, das Selbstzweifel und notorisches Grübeln in den Blick nimmt und dem die Einfachheit von Gefühl und Intuition gegenüber stellt. Granaten behandelt die Angst vor der Angst und findet starke Bilder für ein Thema, das wohl Depression heißt, und zugleich den passenden Sound dafür.
Alles andere als federleicht würde zu Herbert Grönemeyer passen, wenn der plötzlich ein Faible für spektakuläre Streicher entwickeln würde, auch der Album-Abschluss (wenn man die Bonustracks nicht mitzählt) Tu dir nicht weh wäre von jemandem vorstellbar, der doppelt so alt ist wie Johannes Falk, man darf dabei gerne an Udo Lindenberg denken. Bitte lieb mich verweist auf Gegensätze in einer Beziehung, die letztlich bedeuten: Ich bin der schwächere Teil unseres Paars. „Bitte lieb mich / wenn du dich traust / komm und küss mich / wenn du an mich glaubst“, heißt die daraus abgeleitete Aufforderung.
„Für mich geht es auf dem Album darum, dass es sich lohnt zu warten. Auf das Glück, auf den Neuanfang und darauf, dass die Dinge sich drehen“, sagt Johannes Falk. „Natürlich ist das ein Risiko, aber ich will es eingehen. Max Frisch hat mal gesagt, dass alles besser ist als ein Leben, das nicht gelebt wurde – das trifft es für mich.“
Was seine Texte auf Von Mücken und Elefanten auszeichnet, ist der Umstand, dass sie oft sowohl das Zwischenmenschliche als auch die Gesellschaft in den Blick nehmen wie in Wortlos. Das funktioniert sowohl für Liebesgeschichten als auch im größeren Kontext, es kann für das Aueinanderleben und Schwinden des Zaubers in einer Beziehung stehen oder für Kälte und Ignoranz in der Welt. Diese wohltuende Ernsthaftigkeit des Albums kippt jedoch nie in Trauerkloßartigkeit, wie Gute Zeiten am besten verdeutlicht, das von so etwas wie einer On-Off-Beziehung mit dem eigenen Optimismus zu erzählen scheint. Johannes Falk spricht sich darin recht erfolgreich selbst Mut zu und zeigt damit eine seiner größten Stärken: Er hat nicht nur ein gutes Näschen für Orte und Momente, an denen man Trost finden kann, sondern auch ein gutes Auge für die verheißungsvollen Möglichkeiten des Lebens, die man als Griesgram so leicht übersehen kann.
Seriös geht es auch im Video zu Bitte lieb mich zu.
Bald ist Johannes Falk auf Tour:
19.02.18 Heidelberg, Karlstorbahnhof
20.02.18 München, Milla Club
21.02.18 Berlin Musik + Frieden
22.02.18 Hamburg, Nochtwache
23.02.18 Köln, Studio 672