Künstler*in | Jungstötter | |
Album | One Star | |
Label | Pias | |
Erscheinungsjahr | 2023 | |
Bewertung | Foto oben: Check Your Head / Clemens Schmiedbauer |
„Oh give me a star / give me / oh give me a star / why don’t you let a star fall down onto me / I’m standing here with my open arms ready to catch it / ready for an embrace / why don’t you give me that star“, singt Fabian Altstötter, der sich den Künstlernamen Jungstötter gegeben hat (weil das womöglich witzig ist), im Titelsong ganz am Ende dieses Albums. Tun wir ihm also den Gefallen: One Star, sein zweites Soloalbum nach Love Is (2019) und der vorherigen Karriere mit Sizarr (2012 bis 2015), bekommt als Bewertung: einen Stern. Einen von fünf. Nicht nur, weil das womöglich witzig ist, sondern auch, weil der Song so klingt wie die gesamte Platte: Das will alles ungeheuer intensiv sein, ist stattdessen aber bloß ereignislos.
Schon nach den ersten zwei Tracks ist klar, was das Problem bei Jungstötter ist: Der Opener Know ist nicht so sehr ein (komponierter) Song, sondern mindestens genauso sehr eine (gestaltete) Klangwelt. Das folgende Sensation ist sagenhaft blasiert, selbstverliebt und anstrengend. Der 1991 in der Pfalz geborene Musiker, der auch eine Weile in Leipzig gelebt hat, klingt auf One Star durchweg maximal künstlich, aber nie nach großer Kunst, seine Musik ist bewusst abgehoben, aber nie ausreichend besonders.
Alles in Nothing Is Holy schreit „verwöhntes Einzelkind“, „Musikunterricht“ und „Privatschule“ (ohne dass ich eine Ahnung hätte, wie weit das der tatsächlichen Biographie von Fabian Altstötter entspricht) es klingt nach einer Plattensammlung voller Operetten zuhause, die die Mama (oder Nanny) immer so gerne gehört hat, wenn sie den vierten Sherry (oder Wodka) des Tages intus hatte. Lieder wie Air würden Hurts vielleicht machen, wenn sie nicht mehr osteuropäische Mädchenherzen, sondern das Feuilleton erobern wöllten.
You (Everywhere), womöglich seiner Partnerin Anja Plaschg (alias Soap&Skin) gewidmet, für die er 2019 aus Berlin nach Wien gezogen ist, erweist sich als Liebeserklärung, die elaboriert klingt statt hingebungsvoll, also letztlich unglaubwürdig. Burdens wirkt wie Radiohead im Random-Modus. My Fear Is But A Looting setzt weitgehend bloß auf die Begleitung einer akustischen Gitarre: Wenn Jungstötter das tatsächlich mal an einem Lagerfeuer singen sollte, würden (bei einem intakten Freundeskreis) innerhalb kürzester Zeit entweder seine Gitarre im Feuer oder eine Bierdusche auf seinem Kopf landen.
Dabei ist nicht alles auf One Star katastrophal, immerhin gibt es ja nicht null Sterne. Etwa die verfremdete zweite Stimme in Nothing Is Holy ist eine gute Idee, Thrashers Swath erzeugt durch das Repetitive der Klaviermelodie eine sehr dichte Atmosphäre, Ribbons legt etwas mehr Betonung auf den Rhythmus und wird dadurch muskulöser, auch die schöne Streicherfigur darin gefällt. Ein paar Mal kann man auch deshalb den Eindruck haben, Fabian Altstötter sollte vielleicht eher als Toningenieur tätig sein denn als Songwriter und Interpret. Denn seine Stimme ist nicht so reizvoll wie er denkt, seine Texte sind nicht so poetisch und seine Songs nicht so gut.