Kat Frankie, UT Connewitz, Leipzig

Kat Frankie Konzert Kritik Rezension
Kat Frankie verzückt in Leipzig nicht nur mit charmanten Ansagen. Foto: Belle Music/Sabrina Theissen

Olli Schulz ist in der Stadt. Ziemlich genau 750 Meter vom UT Connewitz entfernt spielt er an diesem Abend ebenfalls ein Konzert. Wichtig ist das, weil Kat Frankie vor drei Jahren gemeinsam mit ihm auf Tour war. Auch auf seinem Album Feelings aus der Asche hat sie mitgewirkt. Zur (womöglich nicht nur von mir erhofften) Wiedervereinigung kommt es an diesem Abend aber nicht. Olli Schulz spielt seine Show im Conne Island, Kat Frankie spielt ihr Konzert im ausverkauften UT Connewitz.

Wichtig ist der Hinweis auf die gemeinsame Vergangenheit trotzdem. Denn neben Olli Schulz hat die Australierin, die seit 2004 in Berlin lebt, auch mit Get Well Soon musiziert, war mit Clueso auf Tour (mit dem sie auch die Single Wenn du liebst veröffentlicht hat) oder hat als Teil des Duos KEØMA versucht, sich für den ESC 2016 zu qualifizieren. Das alles könnte so wirken, als habe da jemand jahrelang an einem Netzwerk gebastelt und strategisch Beziehungen geknüpft, um dann endlich all die Unterstützer hinter sich lassen zu können und alleine durchzustarten. Das Konzert in Leipzig zeigt, wie falsch dieser Vorwurf wäre. Kat Frankie hat an diesem Abend nicht einen Saal voller Bewunderer angelockt, weil sie jahrelang irgendwie immer präsent war oder penetrant versucht hätte, jede Gelegenheit für Aufmerksamkeit zu nutzen, sich anzubieten und anzubiedern, egal auf welches Vehikel sie dabei springt. Im Gegenteil: Sie wird hier gefeiert, weil sie einzigartig ist.

Das gilt für die Outfits (alle fünf Musiker kommen komplett in rot auf die Bühne, sodass man kurz an die Trainingsanzüge der Royal Tenenbaums denken muss, später kommt für zwei Lieder noch eine Posaunistin hinzu, die zumindest ein rotes Jäckchen trägt). Es gilt für die Performance, bei der deutlich wird, wie sehr dieser Gesang nicht nur eine Angelegenheit der Stimme, sondern des ganzen Körpers ist. Jede Silbe wird bei Kat Frankie von einer entsprechenden Bewegung begleitet, manchmal nur von den Augen, manchmal von der Hand, manchmal durch ein Krümmen und Wiegen und Zucken, das mehr als deutlich macht, wie sehr diese Lieder von ihr gefühlt werden. Und es gilt natürlich für die Songs: Vor allem in den besonders intimen Momenten merkt man das, wie Finite, bei dem sie nur vom Klavier begleitet wird, Please Don’t Give Me What I Want, in dem sie mit drei ihrer Bandmitglieder so etwas wie ein Barbershop-Quartett bildet und nur den Schlagzeuger seinem eigentlichen Metier nachgehen lässt, oder den beiden Songs, die sie alleine mit der Loop Machine performt und die zum absoluten Highlight des Abends werden.

Kat Frankie Live Konzertkritik
Komplett in Rot ist nicht nur Kat Frankie, sondern ihre gesamte Band.

Die etwas morbide, fragile Atmosphäre im 1912 eröffneten UT Connewitz passt perfekt zu diesem Sound, fast genauso gut funktionieren in Leipzig aber auch die kraftvolleren Momente wie Swallow You Whole als drittes Lied des Abends oder die beiden Songs, die sie in Leipzig als Zugaben spielt: Bei Too Young kann man sich durchaus an Alanis Morissette erinnert fühlen, der Abschluss Home wird nicht nur im Vergleich zur Albumversion richtig heavy. Gerade diese Stücke tragen zur Erkenntnis bei: Kat Frankie ist nicht nur eine außergewöhnliche Sängerin, sondern eine außergewöhnliche Musikerin. Da scheinen sich manchmal Reggae und Gospel in einem Song zu vereinen, anderswo ist HipHop unverkennbar oder ein spröder Bluesrock à la PJ Harvey.

Immerhin eine schöne Erinnerung an Olli Schulz gibt es dann doch noch: Ähnlich wie er ist auch Kat Frankie eine Meisterin der zauberhaften Ansagen. Sie wundert sich nicht nur, warum bei ihrem mittlerweile fünften Gastspiel in Leipzig die Zuschauerzahl stets steigt, sondern widmet (nach einer sehr amüsanten Geschichte über einen sehr untalentierten Verbrecher) auch eines der Lieder den Menschen im Saal, die es auch an einem Mittwochabend fertig bringen, betrunken zu sein. Spill kündigt sie als „This is the make-out song, seriously“ an und sorgt damit tatsächlich für reichlich Knutschen. Besonders charmant wird das Plaudern zwischen den Liedern, wenn sie mitten im Satz zwischen Deutsch und Englisch wechselt und dabei Formulierungen wie „he totally verkackt up“ hinbekommt. Als Fazit des Konzerts wäre diese Wortschöpfung denkbar ungeeignet. Dann schon eher: „She absolutely verzückt everyone.“

Website von Kat Frankie.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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