Ich bin kein Freund von Tieren, schon gar nicht von Haustieren. Aber ich liebe Katze. Spätestens seit einer famosen Show im Ilses Erika, als Katze noch zu dritt waren, Minki Warhol noch Hotpants trug und die ganze Band vor der Show jede Menge Sekt trank. Und dann Songs auf die Bühne brachte, die so schlau, witzig und eingängig waren, dass man unbedingt sagen musste: Sie sind Helden. Und sich nach dem Konzert sofort das Album Von hinten! kaufte.
So war es auch diesmal wieder. Katze sind inzwischen durch Bassistin Karen Bulage verstärkt. Aber noch immer ein Fest. Sänger Klaus Cornfield hatte einst schon als kauziger Kopf der legendären Throw That Beat In The Garbagecan bewiesen, dass er Pop so gut verstanden hat wie niemand sonst in Deutschland. Auch bei Katze singt er mit dieser irre (und wer hier sagt: „nervig“, der muss ein Hund sein) hohen Stimme und wird fast ein bisschen erdrückt von seiner großen Gibson-Gitarre. Aber er haut Hits raus, die keinen Zweifel daran lassen, dass er zu den besten Songwritern seiner Generation zählt. Minki Warhol (diesmal in einem Sonic-Youth-T-Shirt, das an den Seiten nur von Klebeband zusammengehalten wird) ist der perfekte Gegenpart dazu: groß, sexy und in allen Momenten, in denen sie nicht singt, fast wie abwesend. Das ergibt zusammen grandiose Unterhaltung.
Ein Beweis? Das erste Lied des Katze-Konzerts beginnt mit den schönen Textzeilen „Some alien from outer space / must have fucked my mother.“ Dazu gibt es viele Hits, bei denen die handgezählten 46 Zuschauer gerne mitsingen, und am Schluss eine Umarmung von Klaus für eine Dame im Publikum, die besonders ausdauernd getanzt hat. Ein irre hoher Anteil der kleinen Fan-Schar kauft danach am Merchandising-Stand das neue Katze-Album Du bist meine Freunde (ich auch). Und dazwischen gibt es charmante Ansagen wie die Anekdote, wie Klaus wegen eines Bap-Konzerts den Zug verpasst hat. Oder die Warnung „Janek braucht es!“, weil der Drummer von Anfang an oben ohne spielt.
Auch vorher gibt es nackte Haut zu sehen: Blockflöte des Todes, Vertreter Sachsens beim demnächst anstehenden Bundesvision Song Contest, eröffnen den Abend. Und als Sänger Matthias Schrei ganz am Ende sein T-Shirt ablegt, gibt er zu, dass „an dieser Stelle normalerweise ‚Anziehen‘-Rufe kommen“. Es ist ein durchaus typischer Spruch für ihn: Die Musik von Blockflöte des Todes ist voller Humor und Selbstironie, aber auch mit einer gehörigen Portion Masochismus versehen. Denn da ist ja noch die Sache mit dem Bein: Die Tatsache, dass er eine Prothese trägt, thematisiert Matthias Schrei immer wieder. Bei MySpace heißt das Motto von Blockflöte des Todes „one leg band“. Und in seinen herrlichen Texten singt Schrei vom „Mücken zerdrücken / mit meinen Krücken“, einem Volkshochschulkurs, in dem man Selbstmord lernt oder anderweitig amüsantem Umgang mit den Folgen einer Amputation.
„Es ist wirklich schwer, Popsongs mit deutschen Texten zu machen, ohne peinlich zu wirken. Und wahrscheinlich versuchen viele Künstler deshalb, ein bisschen witzig zu sein. Wie Max Goldt mal gesagt hat: Menschen zum Lachen zu bringen, ist immer noch am einfachsten“, erklärt mir Matthias Schrei nach der Show im Interview diese Herangehensweise. „Aber ich versuche, den Songs nach und nach ein bisschen mehr Tiefgang zu geben. Leider wird das nicht immer erkannt.“
Der Auftritt von Blockflöte des Todes wird zwar von Equipment-Problemen („Ich bin der Meister der selbst verursachten technischen Defekte“), einer etwas heiseren Stimme und einer schlimmen Krawatte getrübt. Doch als Matthias Schrei sich mit den Worten „Entschuldigung, macht’s gut“ verabschiedet, muss die Antwort ganz klar heißen: nicht dafür.
Katze spielen Ich bin Dein größter Anhänger live in der Moritzbastei Leipzig:
httpv://www.youtube.com/watch?v=Bl-RBdgbQW4
2 Gedanken zu “Katze + Blockflöte des Todes, Moritzbastei, Leipzig”