In Deutschland hat ein Bewusstseinswandel eingesetzt. Zumindest, wenn es um die Ernährung geht, kann von „Geiz ist geil“ keine Rede mehr sein. Das belegen Studien von Marktforschern ebenso wie aktuelle Umfragen. Immer mehr Verbraucher stellen sich die Frage, was ihnen gute und gesunde Lebensmittel wert sein sollten. Die jüngsten Gammelfleisch-Skandale haben zweifelsohne dazu beigetragen. Auch die Proteste deutscher Bauern haben Wirkung gezeigt – nicht nur bei der Mentalität der Kunden, sondern auch bei den Preisen.
Die Klagen des Bauernverbands sind verständlich. Landwirtschaft ist nach wie vor kein leichtes Geschäft. Das zeigt sich auch daran, wie schwierig es für viele Bauern ist, einen Nachfolger zu finden, der ihren Hof übernimmt. Lange Arbeitszeiten, hohe Belastung und praktisch kein Urlaub – so sieht der Alltag aus. Die Erlöse sind bei all der Mühe weiterhin bescheiden. Steigende Preise für Energie und Futtermittel fressen in einigen Bereichen, etwa in der Ferkelwirtschaft, sogar die Gewinne vollends auf. Kein Wunder, dass die Bauern da Nachschlag fordern, um profitabel produzieren zu können.
Das Problem ist nur: In anderen Branchen fragt auch niemand, ob die Preise für das Produkt die Kosten für dessen Erzeugung in Deutschland decken. Die Hersteller von Spielzeug, Reisebussen oder – ganz aktuell – Farbkopierern können auch nicht einfach die Kunden zwingen, ihre Ware zu einem höheren Preis zu kaufen, weil sie sonst keinen Gewinn machen würden. Den Preis bestimmen Angebot und Nachfrage. Und wenn es in Deutschland nicht möglich ist, zu Marktpreisen Eier, Milch oder Schweinefleisch zu produzieren, dann können die Betriebe eben nicht überleben. Das ist sicherlich traurig. Aber so funktioniert die Marktwirtschaft. Und jeder, der das Sterben der Bauernhöfe beklagt, sollte sich beim nächsten Einkauf fragen, wie viel er mit preisbewusstem Verhalten selbst dazu beigetragen hat.
Es kann nicht angehen, dass tausende deutsche Arbeitsplätze quer durch alle Erwerbszweige ins Ausland verlagert werden, die Bauern wegen ihrer angeblichen kulturellen Ausnahmestellung und ihrer Funktion für die Landschaftspflege aber auf alle Zeiten eine Sonderrolle beanspruchen – zumal sie bereits mit Riesensummen unterstützt werden. Rund 40 Milliarden Euro an Steuergeldern – das sind annähernd 40 Prozent des gesamten EU-Haushalts – gibt Brüssel pro Jahr aus, um Produkte zu subventionieren, die anderswo deutlich günstiger hergestellt werden könnten. Zugleich stellen diese Subventionen praktisch eine Marktabschottung dar und verhindern, dass Erzeuger beispielsweise in Asien und Afrika eine faire Chance bekommen, Kunden in der EU ihre Waren günstig anzubieten. Das ist eine doppelt unsinnige Strategie auf Kosten der Dritten Welt und auf Kosten der europäischen Verbraucher.
Die einzigen Profiteure sind die Bauern. Sie müssen sich weiterhin nicht um echte Weltmarktpreise scheren und benutzen derzeit ihre Lobby, um auf Kosten ihrer Kunden aus der Misere zu kommen. Doch auch bei ihnen muss die Globalisierung endlich ankommen. Sonst zahlt der Verbraucher die Zeche.