Künstler | Kindness | |
Album | Otherness | |
Label | Female Energy | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Bewertung |
Sechs von zehn Tracks auf dieser Platte haben ein „Featuring“ zu bieten. Das war natürlich auch schon 2014 beim Erscheinen des Albums beinahe Standard in der Pop-Landschaft. Bei Adam Bainbridge alias Kindness haben diese Gastauftritte aber eine ganz besondere Qualität. Sie sind kein Namedropping, sondern echte Kollaborationen. Es geht nicht darum, dass irgendein Hitproduzent dir einen Song geschrieben hat und du eine Strophe dann jemanden singen lässt, den die Plattenfirma gerade pushen will, oder einen Rapper einlädst, der ein paar fünf Minuten zuvor erdachte Rhymes ins Mikro plappert. Es geht bei den Stücken auf Otherness stattdessen stets um Miteinander, um eine gemeinsame Idee, geteilte Ambitionen und ein intuitives Verständnis.
Das passt natürlich zur Ästhetik des Engländers, der zu seinen Einflüssen so unterschiedlicher Künstler wie D’Angelo, Herbie Hancock, Sade, Kate Bush oder Ryuichi Sakamoto zählt. Auch diese Heterogenität lässt sich deutlich besser abbilden, wenn man sich Verstärkung aus verschiedenen Genres holt, und so sind die Gäste auf Otherness tatsächlich nicht Beiwerk, sondern zentrale Elemente.
Das gilt schon zum Auftakt: World Restart spielt im Titel recht offensichtlich auf das 2012 veröffentlichte Debüt World, You Need A Change Of Mind an, ist geprägt durch das Saxofon von Finn Peters sowie die Beiträge von Kelela (die auf insgesamt drei Tracks des Albums mitwirkt) und Ade. Das Stück ist filigran und kraftvoll, zugänglich und mutig, vereint Intelligenz und Groove – und es setzt damit den Ton für das zweite Album von Bainbridge, der seit 2007 und seiner Studentenzeit in Philadelphia unter dem Namen Kindness aktiv ist.
Das folgende This Is Not About Us setzt, wie etliche Tracks, auf das prominente Klavier von Sam Beste, dazu gibt es einen Beat, der direkt aus den frühen 1990ern zu stammen scheint. 8th Wonder ist behutsam und wird mit Orgel, Harfe und Bläsern fast Ambient trotz eines recht bestimmten Beats und des engagierten Parts, den der kanadische Rapper Manifest beisteuert. With You (mit Kelela) wird verführerisch, geheimnisvoll und abstrakt – es ist vielleicht das eindrucksvollste Beispiel dafür, wie sich Kindness hier eine sehr eigenständige Interpretation von Pop entwirft.
I’ll Be Back ist im Kontext von Otherness natürlich keine martialische Drohung wie beim Terminator, sondern zart, Latin-angehaucht und getrieben von einem gekränkten, vielleicht auch gebrochenen Herzen. In Why Don’t You Love Me (feat. Dev Hynes & Tawiah) kann man den Einfluss von Prince am deutlichsten erkennen, auch weil der Song den gesamten Bogen von versonnen bis dramatisch spannt. Zugleich ist es ein gutes Beispiel dafür, wie auf diesem Album immer wieder der Bass zum Wegweiser innerhalb ziemlich komplexer Kompositionen wird. Der Beitrag von Robyn in Who Do You Love? ist natürlich ein Höhepunkt: Das Lied ist aufgewühlt und verletzlich, ihr Gesang scheint innerhalb der Warnung „Don’t let the noise confuse you“ selbst keinen Halt zu finden.
In For The Young tänzelt eine spanische Gitarre über einen interessanten Rhythmus, der Song hätte aber ruhig noch ein bis zwei weitere Ideen gebrauchen können. Auch Geneva erweist sich als einer der Tracks von Otherness, denen ein wenig die Luft ausgeht, so schön die Atmosphäre auch ist. Wieder ist hier Kelela dabei, diesmal nicht bloß als Gast, sondern in einem lupenreinen Duett. Die Telepathie, die in der Zeile „If you could read my mind“ steckt, scheinen die beiden tatsächlich in den Gesang übertragen zu wollen. It’ll Be OK schließt das Album ab und fügt noch einmal viele der Stärken von Kindness zusammen, von der schönen Melodie über die gelungene Soundästhetik bis hin zu einer riesengroßen Sensibilität.