Kodaline – „Politics Of Living“

Künstler Kodaline

Politics Of Living Kodaline Review Kritik
Die Veröffentlichung von „Politics Of Living“ wurde mehrfach verschoben.
Album Politics Of Living
Label Sony
Erscheinungsjahr 2018
Bewertung

Man kann kaum anders, als da einen Abwärtstrend attestieren: Das 2013 veröffentlichte Debütalbum von Kodaline, In A Perfect World, verkaufte sich weltweit über eine Million Mal. Das zwei Jahre später folgende Coming Up For Air erreichte immerhin noch Gold-Status im UK. Auf das dritte Album der Iren warten Fans nun schon eine ganze Weile. „Wir hatten das Gefühl, dass wir uns die Zeit nehmen mussten, um das bestmögliche Album aufzunehmen. Wir sind sehr glücklich damit und können es kaum erwarten, dass die Leute es zu hören bekommen“, sagt  Sänger Steve Garrigan dazu. Nachdem Politics Of Living mehrfach verschoben wurde, ist es nun seit gestern endlich da.

Der Weg, den Garrigan, Mark Prendergast (Gitarre), Jason Boland (Bass) und Vinny May (Schlagzeug) eingeschlagen haben, um den (auf hohem Niveau) nachlassenden Erfolg zu stoppen, ist offenkundig: Politics Of Living ist as mainstream as it gets. Kodaline haben als Produzenten und Co-Autoren beispielsweise Steve Mac (Ed Sheeran), Steve Harris (Kaiser Chiefs, Miles Kane), Johnny Coffer (Rag’N’Bone Man, Beyonce), Jonas Jeberg (Dizzee Rascal, Kylie Minogue) und erneut ihren langjährigen Wegbegleiter Johnny McDaid (Pink, Snow Patrol, Robbie Williams) angeheuert.

Entsprechend häufig klingen die Ergebnisse nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Fast kann man einen unmittelbaren Bezug zum Albumcover erkennen, denn womöglich soll dieses Werk der Regenschirm sein, der den freien Fall von Kodaline stoppt. Entsprechend todsicher sollen diese Lieder funktionieren. Follow Your Fire eröffnet die Platte und macht mit einem Klavier als Basis, Ohoho-Chor, Streichern und einem nervigen Stimmeffekt deutlich: Man kann Coldplay also durchaus noch weichgespülter und berechnender klingen lassen. Das eher elektronisch geprägte Born Again ist plump und hohl, Don’t Come Around versucht mit reichlich Popanz, von seiner schwachen Substanz abzulenken, der ebenfalls enthaltene 2017er Radiohit Brother ist auch im Album-Kontext viel zu harmlos.

Angel, eins von zwei Liedern, die Kodaline ohne Co-Autor geschrieben haben, erweist sich als Trauersong mit sehr seichten Lyrics. Im Kern sind wohl ohnehin die meisten Lieder auf Politics Of Living solche und ähnliche Balladen – man merkt manchmal, wie man ihnen im Studio nach und nach mehr Schwung und Muskeln verpasst hat, um sie zumindest in die Kategorie „Midtempo“ zu bringen. Hide And Seek ist ein gutes Beispiel dafür mit einer Stimmung, als würde gleich etwas Spektakuläres passieren (was dann aber nicht geschieht). „Being someone else is not my style“, singt Steve Garrigan darin; das ist natürlich fast ironisch angesichts der Stromlinienförmigkeit, die Kodaline hier an den Tag legen.

Das soll nicht heißen, dass Politics Of Living komplett misslungen wäre. Es gibt bei Gott schlechtere Radiomusik als Lieder wie Shed A Tear mit seinen Gospel-Elementen, das putzige I Wouldn’t Be, das lange Zeit acappella bleibt, die beinahe komplett akustische Single Head Held High, die man in der Nähe der Lumineers ansiedeln könnte, oder Hell Froze Over, das sogar etwas Aggressivität ausstrahlt. Worth It ist der vielleicht typischste Moment für diese Platte: Das Lied will eingängig, hymnisch und aufbauend sein. All das funktioniert auch, trotzdem ist das Resultat nicht komplett überzeugend, weil dieser Sound kein bisschen zum Motiv des Zweifels passt, das zentrales Thema im Text ist. Wenn man bei Kodaline so etwas wie Individualität sucht, dann findet man sie am ehesten im Gesang. Auch der Album-Schlusspunkt Temple Bar illustriert das und zeigt noch einmal: Diese Band und diese Lieder sind in erster Linie ein Vehikel für Steve Garrigans Stimme.

Musik hilft gegen Gemüsenazis, lautet die Botschaft im Video von Head Held High.

Im Oktober gibt es Kodaline live in Deutschland zu sehen:

07.10. Berlin, Astra Kulturhaus

12.10. Hamburg, Docks

19.10. München, Theaterfabrik

20.10. Wiesbaden, Schlachthof

29.10. Stuttgart, LKA Longhorn

30.10. Köln, Live Music Hall

Website von Kodaline.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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