Meine erste Begegnung mit Buback-Tonträgern war fuchsrot. Und sehr unterhaltsam. Es handelte sich dabei um ein Promo-Tape des ersten Albums der Absoluten Beginner. Jemand drückte es mir am Ende eines Konzerts von Fettes Brot in die Hand – und es lief dann eine ganze Weile in Endlosschleife in meinem Autoradio. Heute gehören unter anderem Deichkind, Denyo und DJ Koze zum Repertoire des Hamburger Labels.
Dass Buback aber viel mehr ist als HipHop, führten die Nordlichter gestern Abend im Centraltheater in Leipzig vor. HipHop gab es nur in den Umbaupausen auf der Videoleinwand. Auf der Bühne regieren in Leipzig die Gitarren – und der Respekt vor der Theateratmosphäre, den alle Acts an diesem Abend artikulieren.
Den Anfang macht Kristof Schreuf, ehemals Kolossale Jugend, mittlerweile alleine unterwegs als Bourgeois With Guitar, wie sein erstes Soloalbum heißt. Mehr als seine Stratocaster braucht er tatsächlich nicht, um von Beginn an in den Bann zu ziehen. Schreuf bastelt Rock-Klassiker neu zusammen, nimmt My Generation oder Highway To Hell allen Druck (aber nicht die Würde) oder singt, wie im Titelsong seines Albums, geistreiche Zeilen wie „Es ist mir egal, wofür ihr mich haltet / Aber hoffentlich für dünn, dünn, dünn.“ In den ebenso cleveren Ansagen versucht er sich als Philosoph oder Motivationstrainer. Das ist nicht weit weg von grandios – vor allem, wenn man sich klar macht, wie spannend diese Show ist, obwohl es nur E-Gitarre und eine quasi-Neil-Young-Stimme gibt.
Für das Gegenprogramm sorgen danach 1000 Robota. Ihre Show ist so affektiert, dass es schon wieder lustig ist. Das fängt schon mit der ersten Ansage von Sänger Anton Spielmann in extra-tiefer Stimme an. Später schüttelt er sehr effektvoll seine Phillip-Boa-Frisur. Dann spritzt er sogar Wasser ins Publikum – bei einer Außentemperatur knapp über dem Gefrierpunkt und einer sehr überschaubaren Fan-Dichte auf der kleinen Tanzfläche unmittelbar vor der Bühne des Centraltheaters.
Die Show von 1000 Robota ist durchaus unterhaltsam und vor allem Schlagzeuger Jonas Hinterkort erweist sich als Könner. Aber alles, was sie mit ihrem Sound aufbauen, macht Spielmann mit seinen Posen zunichte. Sieht man 1000 Robota auf der Bühne, wünscht man sich sehr schnell, es hätte niemals Joy Division gegeben. Alles hier ist unglaubwürdig, niemand aus der Band ist nur halb so kaputt wie er es vorgibt zu sein. Man kann eben schlecht ein Existenzialist sein in einem Anzug, den Mutti bezahlt hat.
FSK entschädigen mit einer Überdosis Sympathie schnell dafür. Thomas Meinecke, der als Sänger weitaus kurzweiliger ist denn als Autor, wundert sich, woher die tendenziell jungen Zuschauer im halbvollen Centraltheater ihre alten Hits wie Move Ahead oder Was kostet die Welt kennen, genießt dann aber einfach die Show. Vor der Bühne wird nun auch in deutlich größerer Zahl getanzt. Fans der ersten Stunde träumen sich da zurück in ihre eigene Jugend, während die Kids aus Leipzig offensichtlich dankbar sind, die Helden von einst im Hier und Jetzt live zu erleben – gar keine schlechte Kombination. FSK sind an diesem Abend ganz klar die Headliner der Herzen.
Was nicht heißen soll, dass die Goldenen Zitronen in dieser Rolle enttäuscht hätten. Vor einer Leinwand, auf der ein schräger Seventies-Film läuft (Die Hamburger Krankheit von Peter Fleischmann, liebe Fakten-Junkies), wuseln sie in Kostümen aus 1001 Nacht und spielen dabei mit 1001 Genres. Die deutsche Entsprechung der Polyphonic Spree plus Punk plus grandiose Hits wie Wenn ich ein Turnschuh wäre plus als Rausschmeißer eine irre Version von Melanies Beautiful People – da braucht kein Mensch mehr HipHop.
FSK spielen Was kostet die Welt live im Centraltheater Leipzig – vor der sympathischsten Tanzfläche der Welt:
httpv://www.youtube.com/watch?v=PA4cBQNpaQk
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