Lord Kesseli And The Drums – „Melodies Of Immortality“

Künstler Lord Kesseli & The Drums

Melodies Of Immortality Lord Kesseli & The Drums Review Kritik
Teils obskure Zutaten gibt es auf „Melodies Of Immortality“.
Album Melodies Of Immortality
Label Irascible
Erscheinungsjahr 2018
Bewertung

Wizard heißt ein Lied ungefähr in der Mitte dieses Albums. Es passt gleich doppelt zu Dominik Kesseli. Erstens sieht der Schweizer mit seinem Rauschebart und der Vorliebe für schräge Outfits tatsächlich ein wenig wie ein Zauberer aus. Zweitens zeigt er sich auf seinem zweiten Album als Lord Kesseli & The Drums als jemand, der gerne obskure Zutaten (und vielleicht auch ein paar gefährliche Substanzen) zusammenmischt, um die Menschen in seinen Bann zu ziehen oder den Lauf der Welt zu beeinflussen: „I hover over the world playing darts / Lord of the universe breaking hearts“, lautet seine Selbstbeschreibung in Wizard, in dem erst ein Klavier den Ton angibt, bis sich dann ein großes Rock-Finale den Weg bahnt.

Das ist ein durchaus typisches Rezept für Melodies Of Immortality: Der cineastische Sound von Lord Kesseli & The Drums erinnert manchmal an Sigur Rós mit einer Vorliebe für Krautrock, lässt daran denken, wie Get Well Soon wohl mit einer Heavy-Metal-Sozialisation klingen würden, oder zeigt Parallelen zu Phillip Boa (wie im trägen und verlorenen Cold War) ebenso wie zu Suede (wenn die Industrial für sich entdecken würden, käme wohl so etwas heraus wie der dramatische Album-Auftakt Chemical Mother).

Der Titelsong Melody Of Immortality mäandert durch eine Psychobilly-Welt, bis er sich erst selbst zu zersetzen scheint und dann in ein pompöses Finale mündet. Der Rhythmus dominiert im zynischen Hail To The Economy, die sehr gelungene Ballade Winterstorm holt als Verstärkung eine Frauenstimme an Bord. Just A Dream hat als Fundament nervöse Streicher im Hintergrund und ungewöhnliche Percussions, dann erklingt eine Sequenz, die Ace of Base (!) zu zitieren scheint.

Dass Dominik Kesseli auch in einem Indie-Folk-Duo (A Crashed Blackbird Called Rosehip) und einem Mundart-Pop-Projekt (Stahlberger) aktiv ist, mag man kaum glauben, so weit ist sein Sound als Lord Kesseli & The Drums von diesen Genres entfernt. Zugleich steht sein Job-Hopping offensichtlich für einen enormen musikalischen Horizont, der sich auch auf Melodies Of Immortality sehr deutlich entfaltet. Das beste Beispiel dafür ist Robert My Robot: Das Stück ist düsterer und härter als der Rest des Albums, etwa in der Nähe von The Electric Soft Parade, und zum Ende hin spektakulär feurig wie viele der Lieder auf dieser Platte. Vor allem aber ist es: sehr kurzweiliges Theater.

Ein obskurer Magier spielt die Hauptrolle im Video zu Wizard.

Website von Lord Kesseli & The Drums.

Michael Kraft

Michael Kraft ist Diplom-Journalist und lebt in Leipzig. Auf shitesite.de schreibt er seit 1999 als Hobby über Musik, Filme, Bücher und ein paar andere Dinge, die ihn (und vielleicht auch den Rest der Welt) interessieren.

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