Saugeil.
Eigentlich wäre mit diesen sieben Buchstaben schon alles gesagt über diesen Auftritt von Madsen im Felsenkeller. Aber da ich ja möchte, dass Menschen diese Konzertkritik auch über Google finden (und Google bekanntlich nicht so gerne auf Texte verlinkt, die nur sieben Zeichen haben), kann ich es dabei nicht belassen. Auch die Promotion-Agentur der Band, die mich freundlicherweise eingeladen hat, fände das wohl ein bisschen faul. Erhöhen wir also auf zweimal zwei Wörter: voll schön, mega nice. Oder dreimal drei: Was ’ne Show, so geht Musik, immer wieder gerne.
Die Gründe zu identifizieren, warum das alles so viel Spaß macht, so viel Energie hat und so viel Zusammenhalt demonstriert, ist nicht schwierig. Das Konzert sollte eigentlich als Auftakt der „BBQ Blitz“-Minitour im Biergarten des Felsenkellers stattfinden. Weil der nicht allzu viel Platz bietet, gingen nur wenige Tickets in den Verkauf. Die Fans, die Karten ergattern konnten, durften also besonders happy sein und sich auf eine exklusive, intime Show freuen. Wegen des schlechten Wetters wurde das Ganze dann heute kurzerhand doch in den Saal des Felsenkellers verlegt. Weil der deutlich mehr Kapazität hat, gingen spontan noch zusätzliche Tickets in den Verkauf. Es sind also auch ein paar Kurzentschlossene gekommen, die wohl kaum mehr damit gerechnet hatten, an diesem Abend noch dabei sein zu können.
Dazu kommt eine Band, die live fast immer ein Highlight ist, die ein starkes neues Album am Start hat und zusätzlich beflügelt wird von der Tatsache, dass sie mit Hollywood erstmals in der Geschichte von Madsen auf Platz 1 der Charts stehen. Die sechs Leute auf der Bühne sind also ebenfalls bestens gelaunt. Die urspüngliche Idee des familiären Charakters beim gemeinsamen Grillen mit den Fans versuchen sie so gut es geht zu retten: Am späten Nachmittag hatten Gitarrist Johannes Madsen und Schlagzeuger Sascha Madsen unter vor Regen schützenden Mini-Pavillons ein paar Biere spendiert, nach eigenen Angaben untröstlich, dass das BBQ-Format gekippt werden musste. Sänger Sebastian Madsen teilt später sein „Sänger-Öl“ mit den Fans, ein spezielles Mundspray, das seine Stimme schonen soll. Und ihre Eltern haben die Bandmitglieder auch mit nach Leipzig gebracht.
Was Mama und Papa Madsen miterleben, ist so etwas wie die Quintessenz von all dem, was live dargebotene (Rock-)Musik so wundervoll macht. Schon beim Auftakt mit Ein bisschen Lärm (das Lied erweist sich nicht nur auf Platte, sondern auch live als perfekter Opener) bebt der Boden im Felsenkeller. Beim folgenden Mit dem Moped nach Madrid bildet sich das erste Moshpit, danach holt die Band für Sirenen noch einmal Hanna Rautzenberg auf die Bühne, die das Vorprogramm bestritten hatte und in ihrer Leipziger Wahlheimat nicht nur mit ihrer Stimme beeindruckte, sondern auch mit dem Mut, sich auf dieser recht großen Bühne nur von einem Gitarristen begleiten zu lassen.
Für das zuverlässig grandiose Nachtbaden tauschen Sascha und Sebastian kurz die Rollen, Kein Mann für eine Nacht wird von Johannes gesungen, Wir haben immer noch die Sonne explodiert ganz am Ende, spätestens direkt danach bei Hollywood dürfte im Felsenkeller flächendeckend Gänsehaut geherrscht haben. Bei Mein Herz bleibt hier hüpfen sogar die Leute mit, die gerade an der Bar anstehen, Du schreibst Geschichte performen Madsen so energisch, dass Sebastian die Hose reißt. Auch die Fans dürften längst nicht mehr dem Biergarten nachtrauern: Dort wäre weder genug Platz noch ein geeigneter Bodenbelag vorhanden gewesen, um all die Circle Pits und Walls Of Death zu zelebrieren, die nun im Saal des Felsenkellers entstehen.
Zur Spontaneität des Abend trägt unter anderem Leuchttürme bei, das auf lautstarken Wunsch eines Fans (zumindest zur Hälfte) gespielt wird. Auch die Coverversionen, die kurz ertönen, zählen dazu, Madsen bauen nämlich sowohl Robbie Williams als auch The Hives in ihr Set ein. Man kann die stilistische Spreizung zwischen diesen beiden Acts erstaunlich groß finden (wie auch die zwischen Slipknot und JBO, von denen sich Aufnäher auf der Weste eines Fans im Publikum befinden). Aber diese kurzen Ausflüge passen perfekt zu Madsen: Sie können romantisch sein und zackig, sie haben nichts gegen Spaß und werden bei Bedarf enorm heavy. Sie sind vielleicht tatsächlich genau die Mitte von all dieser Musik. Und diese Mitte ist ein verdammt guter Ort.
Die komplette Setlist von Madsen in Leipzig:
1 Ein bisschen Lärm
2 Mit dem Moped nach Madrid
3 Sirenen
4 Macht euch laut
5 Nachtbaden
6 Kein Mann für eine Nacht
7 Wir haben immer noch die Sonne
8 Hollywood
9 Mein Herz bleibt hier
10 Die Perfektion
11 Heirate mich
12 So cool bist du nicht
13 Leuchttürme
14 Du schreibst Geschichte
Zugabe 1 Vielleicht
Zugabe 2 Brücken
Zugabe 3 Lass die Musik an