Künstler | Malena Zavala | |
Album | Aliso | |
Label | Yucatan Records | |
Erscheinungsjahr | 2018 | |
Bewertung |
Der große Bruder war bestimmt kein schlechter Einfluss für Malena Zavala. Aber als er dann weg war, erwies sich das doch als hilfreich, sogar als Initialzündung für ihr Debütalbum Aliso. Denn gemeinsam hatten die Geschwister zunächst bei Oh So Quiet musiziert, bis Lucas dann 2016 nach Kalifornien ging. Als Malena ihn dort besuchte, war das für sie der Ansporn, jetzt auch selbst eigene Wege zu gehen.
Das Ergebnis ist mit Aliso eine Platte, auf der die gebürtige Argentinierin, die als Dreijährige nach England kam, alle Lieder geschrieben, alle Instrumente eingespielt, das Album selbst produziert und auch noch das Artwork und die Videos verantwortet hat. Mehr Autonomie geht nicht, und diese Eigenständigkeit ist die größte Stärke ihres Sounds.
Der Intro Song eröffnet das Album mit einer Nähe zu Jazz, am Ende von Aliso steht mit I Never Said It ein ebenfalls weitgehend akustisches und sehr stilvolles Stück, das mitunter wie frei improvisiert wirkt. Dazwischen gibt es Einflüsse von Beach House, Tame Impala, Brian Eno und Silvio Rodriguez (diese Namen hat Malena Zavala selbst benannt), manchmal führt das zu Liedern wie dem Moon Song, deren Atmosphäre an Air erinnert, manchmal zu Instrumentalem wie den Titelsong, manchmal zu sehr klassischen und sehr schönen Kompositionen wie der Single Should I Try. Dream Pop ist nicht die schlechteste Genrebezeichnung dafür.
Wer bei diesem Begriff allerdings Gesäusel von Wolken, Wind und Wiesen erwartet, liegt falsch. Ihre Geschichte als Einwanderin thematisiert Malena Zavala auf Aliso ebenso wie ihr Ringen um künstlerische Freiheit, natürlich spielen auch Beziehungen (zwischen Personen und zwischen Kulturen) eine Rolle in ihren Texten. Die Single If It Goes ist ein Beispiel dafür: Der Track besingt den Einfluss ihrer Mutter, deren Stärke sie sich zum Vorbild nimmt – auch wenn der Sound dazu zurückhaltend und getragen ist, der Gesang niedlich und einnehmend, die Gitarre fast gleichermaßen prominent.
Im sehr entspannten Could You Stay, ebenfalls eine Single, kann man der Musik am deutlichsten die lateinamerikanische Prägung anhören, dazu gesellt sich ein Text über die Situation, in der man sich in einen Freund verliebt hat, ohne dass der davon weiß. Broken By Two braucht nur Gesang und Gitarre, um sehr verträumt und intensiv zu klingen; wenn am Ende das Schlagzeug dazu kommt, scheint Malena Zavala längst in einer Trance angekommen zu sein.
Send Out To The Water ist der ambitionierteste Track des Albums, unter anderem durch den ungewöhnlichen Rhythmus und den lautmalerischen Hintergrundgesang. Das beste Lied auf Aliso ist das betörende A Vision That’s Changed. Man möchte wetten, dass die Künstlerin das mit geschlossenen Augen singt, vielleicht in einem T-Shirt von Courtney Barnett.