Film | Mann im Spagat – Pace, Cowboy, Pace | |
Produktionsland | Deutschland | |
Jahr | 2017 | |
Spielzeit | 89 Minuten | |
Regie | Timo Jacobs | |
Hauptdarsteller*innen | Timo Jacobs, Clemens Schick, Natalia Belitski, David Scheller, Meret Becker, Rolf Zacher, Claude-Oliver Rudolph, Olli Schulz | |
Bewertung |
Worum geht’s?
Elvis Presley hat einst seiner geliebten Mutter ein großes Versprechen gegeben: Wenn er reich und berühmt werden sollte, würde er ihr einen Cadillac kaufen, und zwar in Pink. Als er der King Of Rock’N’Roll geworden war, löste er das Versprechen ein. Genau so fühlt sich auch Cowboy seiner Mama verpflichtet. Er will ihr ermöglichen, dass sie in einem erstklassigen Altersheim untergebracht wird, in dem regelmäßig eine legendären Elvis-Show stattfindet, die den King als Hologramm wiederauferstehen lässt. Leider ist Cowboy, der unter dem Motto „Ich kläre alle ungelösten Probleme“ für die „Agentur für ganzheitliche Weltrettung“ arbeitet, aber knapp bei Kasse. In der Hoffnung auf mehr Geld wendet er sich mit neuen Ideen an die Zentrale seiner Agentur, statt eines satten Vorschusses bekommt er aber nur eine Aufpasserin an die Seite gestellt, die ihn dazu animieren soll, mehr Leistungsbereitschaft zu zeigen. Zudem muss er einen Bürgen und soziales Engagement vorweisen, damit sich für seine Mutter die Tore zum Luxus-Lebensabend öffnen. Eine Fahrradrallye, mit der er einen klimaneutralen Kurierdienst promoten will, erscheint ihm als geeignete Idee, um alle Probleme auf einmal zu lösen. Doch er hat sich so viele Feinde in seiner Berliner Nachbarschaft gemacht, dass das in einem Spießroutenlauf münden könnte. Und dann lauert da ja auch noch der Teufel vom Hermannplatz…
Das sagt shitesite:
Man darf Timo Jacobs, der hier Regie, Drehbuch (gemeinsam mit Federico Avino) und Hauptrolle übernommen hat, wohl guten Gewissens als Lebenskünstler bezeichnen, ebenso wie die von ihm verkörperte Figur des Cowboy, die er schon 2012 mit Klappe Cowboy auf die Leinwand gebracht hat. Nimmt man diesen Begriff ernst, erschließt sich sofort, was Mann im Spagat ausmacht: Die Kunst ist hier ein Mittel, um das Leben zu meistern, und das Leben selbst wird als Kunst begriffen. So entsteht der einmalige Charakter seiner Filme, die sich – um es mit dem Zitat einer Figur aus diesem Film zu sagen – „gegen den Irrsinn der Normalität“ wenden, mit Mitteln zwischen absurd und surreal und Ergebnissen zwischen Gaga und Trash.
Es gibt auch diesmal nicht nur keine Logik und Dramaturgie, es gibt eigentlich nicht einmal einen Plot. Die Zusammenfassung oben ist lediglich ein Rahmen, innerhalb dessen sich reichlich schillernde Figuren austoben, manchmal mit Verweisen auf Western und weitere Genres, manchmal mit ironischer Überhöhung hohler Marketing-, Investment- und Start-Up-Begriffe. Sein Cowboy will gut sein und wird deshalb zerrissen von Konflikten, die manchmal banal wirken und manchmal auf den mitunter unauflösbaren Widerspruch zwischen Anstand und Selbstverwirklichung verweisen. Wenn er ein Ziel hat, stört es ihn deshalb auch nicht, fies, berechnend und manipulativ zu sein. Er ist großartig vor allem im Schwadronieren, aber eine Null, wenn es um die Umsetzung hochfliegender Pläne oder die eigene Treue zu hehren Grundsätzen geht.
Das alles ist künstlich und überhöht (notfalls wird die Realität sogar animiert), zugleich entspricht es so wenig den cineastischen Konventionen, dass man glauben könnte: Diese Figuren könnten in einem Kreuzberger Kiez tatsächlich aufeinander treffen und womöglich gar genau so spinnerte Ideen entwickeln, genauso dumme Sprüche klopfen und genauso coole Sprüche droppen. Das ist im Ergebnis erst verwirrend, dann reizvoll in seiner Lust auf Chaos und Unterwanderung von Kino-Standards, dann aber selbstverliebt und ermüdend, weil die Verwirrung weder aufgelöst noch eskaliert wird (wie es beispielsweise in den durchaus artverwandten Filmen von Helge Schneider gelingt). Für Freunde von Independent-Filmen ist Mann im Spagat dennoch unbedingt lohnend: Bei allem Chaos und Nonsens findet man hier mehr Kreativität und auch Witz als in allen Schweig(höf)er-Komödien zusammen.
Bestes Zitat:
„Kämpfer gehen gegen andere vor. Meister gegen sich selbst.“
Der Trailer zum Film.